Dossier zu Olympia 2016 in Rio: Mega-Event der Schande

Ein Dossier der Bürgerkomitees von Rio de Janeiro, finanziert mit Spenden der taz-LeserInnen, dokumentiert die wahren Kosten der Spiele.

„Ethische Räumungen?“ – Die Überreste einer Armensiedlung, die für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro weichen musste. Bild: ap

Os Jogos da Exclusão – so heißt das neue Dossier zu sportlichen Mega-Events und den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen, das das Volkskomitee WM und Olympia in Rio de Janeiro vor wenigen Wochen veröffentlicht hat.

Das sportliche Motto „Dabei sein ist alles“ wird bei den Spielen, die im August in der brasilianischen Touristenstadt stattfinden werden, auf den Kopf gestellt.

Für die AktivistInnen sind die Olympischen Spiele von „Exklusion“, also der Ausschließung der Mehrheit der Bevölkerung, gekennzeichnet. Die meisten werden die Wettkämpfe wegen der hohen Eintrittspreise nur am Fernseher verfolgen, soweit sie sich überhaupt für das Spektakel interessieren.

Von dem vielen Geld, das investiert wurde, und von den versprochenen wirtschaftlichen Nebeneffekten werden sie auch nicht profitieren. Aber viele bekommen die negativen Auswirkungen zu spüren: Städtisches Chaos wegen unzähliger Baustellen, Vertreibung von fliegenden Händlern und Obdachlosen und ein immer aggressiverer Sicherheitsapparat zum Schutz der Investitionen und zur Verhinderung von Protesten.

Schon lange vor der Fußball-WM 2014 haben sich in ganz Brasilien Komitees gegründet, die die Rechtsverletzungen und Widersprüche solcher Großveranstaltungen anprangerten. Unter anderem ihnen ist zu verdanken, dass es im Juni und Juli 2013 zu einer breiten Protestbewegung gegen Geldverschwendung und desolate öffentliche Dienstleistungen kam.

Golfplatz im Naturschutzgebiet 

Die taz beschloss damals, das Komitee in Rio de Janeiro mit einer Spendenkampagne zu unterstützen. 10.000 Euro kamen zusammen, teils durch Spenden, teils durch die WM-Sonderseiten. Das Komitee, welches über keinerlei Finanzierung verfügte, konnte das Geld gut gebrauchen.

Nicht nur wurde in die Vernetzung der Initiativen untereinander investiert, sondern auch ein neues Dossier mitfinanziert, das einen erschreckenden Überblick über Menschenrechtsverletzungen und weitere Missstände bei der Vorbereitung der Olympischen Spiele gibt.

Allein in Rio de Janeiro wurden mehr als 4.100 Familien aufgrund der Sportevents und der dafür angeblich notwendigen Infrastrukturmaßnahmen geräumt. Weitere 2.500 Familien sind vom gleichen Schicksal bedroht. Und die von Bürgermeister Eduardo Paes ausgerufene „Revolution“ im öffentlichen Nahverkehr stellt sich als höchst willkürlich heraus und ging an den meisten Armen vorbei.

Ökologisch fragwürdig

Auch der Breitensport kommt unter die Räder: Statt einer Förderung wurden zahlreiche Sportstätten geschlossen. Nicht zuletzt aus ökologischer Sicht sind die Spiele fragwürdig. Es ist nicht gelungen, die Gewässer in der Stadt für die Ruder- und Segelwettbewerbe wie angekündigt zu säubern. Und obwohl es bereits einen geeigneten Golfplatz gibt, wurde ein zweiter angelegt, und zwar mitten in einem Naturschutzgebiet.

Die Lektüre dieses Dossiers, das dank der Spenden der taz-LeserInnen finanziert werden konnte, lohnt sich – auch wenn es keinerlei gute Nachrichten enthält.

ANDREAS BEHN, Südamerika-Korrespondent der taz