Dritte Präsidenten-Amtszeit in Ruanda: Ohne Kagame geht es noch nicht

Eine Verfassungsänderung soll den Machtverbleib des Präsidenten bis 2034 ermöglichen. Die Haltung „Keine Experimente“ ist weit verbreitet.

Paul Kagame mit Sicherheitsleuten

Kagame selbst (mittig) sagt immer wieder, er habe sich noch nicht entschieden, ob er erneut antreten wolle. Foto: ap

BERLIN taz | Wenn die Bevölkerung es wünscht, kann der ruandische Präsident Paul Kagame noch knapp zwanzig Jahre an der Macht bleiben. Darüber stimmen die Wahlberechtigten am Donnerstag in einem Verfassungsreferendum ab. 6,4 Millionen Menschen sind aufgerufen, eine Reihe eher technischer Neufassungen des bestehenden Verfassungstextes aus dem Jahr 2003 zu bestätigen, die das ruandische Parlament vor Kurzem beschlossen hat.

Derzeit amtiert ein Präsident in Ruanda für höchstens zwei Amtszeiten von je sieben Jahren. Damit müsste Kagame bei der nächsten Wahl die Macht abgeben. Kagame, einstiger Führer der Rebellenarmee Ruandische Patriotische Front (RPF), die 1994 das für den Völkermord an Ruandas Tutsi verantwortliche Regime verjagte und das Land seitdem regiert, wurde 2000 Staatschef und gewann 2003 Ruandas erste freien Wahl. 2010 wurde er wiedergewählt, diese Amtszeit endet 2017.

Statt nun einfach die Begrenzung der Amtszeiten aufzuheben, was in anderen afrikanischen Ländern zu Protesten geführt hat und in Burkina Faso sogar zu einem Putsch, hat sich Ruanda ein komplexes Bündel von Neuregelungen ausgedacht. In Zukunft wird es für Präsidenten höchstens zwei Amtszeiten von je fünf Jahren geben. Dies tritt aber erst 2024 in Kraft. Vorher darf der Amtsinhaber einmalig für einer weiteren siebenjährigen Amtszeit kandidieren. Kagame kann sich also 2017 wiederwählen lassen; 2024 beginnt die Zählung der Amtszeiten von vorn und er könnte erneut zweimal fünf Jahre regieren, bis 2034. Dann wäre Kagame 77 Jahre alt.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die Ruander der Verfassungsänderung zustimmen werden. Kader der regierenden RPF trommeln seit Monaten dafür, dass Kagame an der Macht bleiben muss, um die Fortschritte Ruandas seit dem Völkermord – eine rasante ökonomische Modernisierung, ein sichtbarer Aufschwung zumindest in der Hauptstadt Kigali und die Überwindung des Hutu-Tutsi-Diskurses – nicht zu gefährden.

Der internationale Druck ist groß

Im Sommer unterschrieben 3,7 Millionen Wahlberechtigte, mehr als die Hälfte der Gesamtzahl, eine angeblich spontane Petition, die eine dritte Amtszeit für Kagame forderte. Das Parlament erklärte, die Ausnahmeklausel für eine dritte Amtszeit ab 2017 sei „aus Respekt gegenüber der Bitte des Volkes, die bestehenden Fortschritte zu sichern und eine starke Grundlage für Veränderung in Stabilität zu schaffen“ beschlossen worden. Kagame selbst sagt immer wieder, er habe sich noch nicht entschieden, ob er erneut antreten will.

Der internationale Druck auf ihn, es nicht zu tun, ist sehr groß, vor allem von seinem engsten Verbündeten USA. Aus ruandischen Regierungskreisen wird von heftigen Debatten in der RPF berichtet. Kagame würde sich beschweren, dass andere in der RPF wohl keine Verantwortung übernehmen wollten. Das hat aber mit Kagames Führungsstil zu tun: Unter ihm kann sich niemand auf seinen Lorbeeren ausruhen, alle Kader werden ständig evaluiert und versetzt – ein System, das kein anderer so handhaben könnte.

Auch in der Gesellschaft ist nach der Völkermorderfahrung die Haltung „Keine Experimente“ weit verbreitet. Ruandas Außenministerin Louise Mushikiwabo sagte dazu gegenüber der taz im Oktober: „Es ist letztendlich eine profunde Diskussion über die Frage, ob Ruanda vorbereitet ist auf ein Ruanda ohne Kagame. Dies ist eine Zeit, in der wir in uns gehen und uns fragen: Sind wir so weit, dass wir in eine neue Phase eintreten?“ Wie es aussieht, lautet die Antwort: noch nicht.

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