Dublin-Rückführung wieder möglich: Zurück nach Griechenland

Deutschland will 392 Geflüchtete wieder nach Griechenland schicken. Das dortige Asylverfahren ist jedoch weiterhin mangelhaft.

Eine Frau mit einem Pappschild

Protest für Familienzusammenführung vor der deutschen Botschaft in Athen Foto: reuters

BERLIN taz | Deutschland will Flüchtlinge nach Griechenland zurückschicken. Diese sogenannte Dublin-Rückführung ist nun das erste Mal seit 2011 wieder möglich. Es gibt 392 Übernahmeersuchen des Bundesinnenministeriums an Griechenland. Das Ministerium orientiert sich dabei an der Empfehlung der EU-Kommission vom 8. Dezember 2016. Dort heißt es, dass eine Rückführung von Flüchtlingen nach Griechenland unter bestimmten Voraussetzungen wieder aufgenommen werden könne.

„Die Zustände in Griechenland haben sich deutlich verbessert, dennoch befindet sich das Land immer noch in einer sehr schwierigen Lage“, sagt der griechische Migrationsminister ­Ioannis Mouzalas. Zwar hat Athen den ersten Dublin-Abschiebungen nun zugestimmt. Sowohl die griechischen als auch die deutschen Asylbehörden treffen bereits entsprechende Vorbereitungen. Doch die Dinge im Land hätten gerade begonnen, sich zu ordnen, so der Migrationsminister. „Da wäre es doch seltsam, die ­Wiederaufnahme der Dublin-Rückführungen nicht als tragisch zu betrachten“, sagt Mouzalas.

Dennoch werde Griechenland symbolisch eine bestimmte Anzahl an Rückführungen akzeptieren. Damit wolle man seinen guten Willen zeigen. „Gleichzeitig soll der Schritt eine Geste an diejenigen EU-Staaten sein, die ihren Verpflichtungen nachgekommen sind und uns unterstützen“, so der Minister.

Durch die Wiederaufnahme der Dublin-Regel können Flüchtlinge, die nach März 2017 aus Griechenland in andere EU-Länder weitergereist sind, in den Ausgangsstaat zurückgebracht werden. Denn die Dublin-Regelung besagt, dass Asylbewerber in das Land abgeschoben werden können, in dem sie zuerst die Europäische Union betreten haben. Dieses EU-Land ist dann verantwortlich für die Bearbeitung der Asylverfahren.

„Symptome wie Depressionen häufen sich“

Seit 2011 wurde von Dublin-Rückführungen nach Griechenland wegen der Mängel im ­Asylsystem des Landes abgesehen. Denn weder die Kapazitäten zur Bearbeitung der Asylverfahren noch eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge waren gewährleistet.

Eva Cossé, HRW Griechenland

„Die EU lässt ­Griechenland wieder einmal allein“

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisiert die Entscheidung scharf, die Abschiebungen wiederaufzunehmen. „Das Asylsystem Griechenlands ist immer noch nicht intakt“, sagt Eva Cossé, Sprecherin von HRW-Griechenland. Die Menschenrechtsorganisation dokumentiere nach wie vor, dass Asylbewerber in Griechenland unter schlechten Bedingungen leben.

„Ein Fortschritt ist zu erkennen“, sagt Cossé. So konnten in den vergangenen Monaten bessere Container beschafft und Wohnungen zur Unterbringung zahlreicher Flüchtlinge organisiert werden. Doch eine menschenwürdige Unterbringung aller Flüchtlinge und eine zügige Prüfung der Asylanträge seien nicht gewährleistet.

Anstatt die Menschen zurück nach Griechenland zu schicken, sollte endlich das EU-Umverteilungsprogramm für Flüchtlinge stärker greifen. Doch „die EU-Mitgliedsstaaten lassen Griechenland wieder allein“, sagt Cossé. Die Angst vor einer Rückführung habe auch starke psychologische Auswirkungen. „Symptome wie Depressionen und Aggressivität häufen sich“, so Cossé. Das habe man bereits bei den Abschiebungen der Flüchtlinge von Griechenland in die Türkei gesehen.

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