„Düsseldorfer Zelle“: Bundeswehrkommandeur war im Visier

Die mutmaßlichen Al-Qaida-Männer fassten den Ex-Chef des Kommandos Spezialkräfte als Anschlagsziel ins Auge. Auch ZDF-Talker Markus Lanz stand auf ihrer Liste.

In Düsseldorf nicht überall beliebt: Markus Lanz. Bild: dpa

BERLIN taz | Die in Düsseldorf angeklagten mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen erwogen offenbar, einen Anschlag auf den früheren Chef des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) zu verüben. Auch den Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr sollen sie als mögliches Anschlagsziel ins Auge gefasst haben. Das geht aus der über 400-seitigen Anklageschrift der Bundesanwaltschaft hervor.

Entsprechende Hinweise fanden die Ermittler in Notizen, die dem aus Marokko stammenden Hauptangeklagten Abdeladim El-K. zugeordnet werden. So soll in einem Block der Name „Gafenwöhr/Crafenwöhr“ gestanden haben sowie der Name des früheren KSK-Kommandeurs Hans-Christoph Ammon. Auf die Rückseite des Blocks seien auf Französisch die Wörter „Angriff“, „Erledigung“ und „Hinrichtung“ geschrieben worden.

Kurz vor der Festnahme soll sich El-K. in einem Internetcafé zudem eine Doku über das KSK angeschaut haben, in der auch dessen mehrjähriger Kommandeur Ammon auftauchte. Ammon befehligte von 2007 bis 2010 das Kommando Spezialkräfte.

Die geheim agierende Elitetruppe ist in Calw im Schwarzwald stationiert und für heikle militärische Sonderaufträge vorgesehen. In Afghanistan beteiligt sich das KSK an der Jagd auf Taliban-Kämpfer und Terrorverdächtige. Ammon selbst war für die taz nicht zu erreichen.

„Markus Lense“ und „Ingo Appell“

In einem Adressbuch, das außerdem sichergestellt wurde, fand sich außer dem Namen von Ammon auch der Eintrag „Charlie Hebdo“. So heißt eine französische Satirezeitung, die 2006 die Mohammed-Karikaturen einer dänischen Zeitung nachdruckte und so die Wut von Islamisten auf sich zog. Doch auch zwei unerwartete Namen tauchen in den Notizen auf: „Markus Lense“ und „Ingo Appell“.

Die Ermittler glauben, dass es sich dabei um die TV-Promis Markus Lanz und Ingo Appelt handelt. Wieso sie ins Blickfeld der „Düsseldorfer Zelle“ rückten, ist unklar. Bei ZDF-Moderator Lanz ist denkbar, dass er in den Notizen landete, weil er 2010 den Mohammed-Karikaturisten Kurt Westergaard in seiner Sendung zu Gast hatte. Bei Appelt ist der Hintergrund noch unklarer. Die beiden waren ebenfalls am Donnerstag für die taz nicht zu erreichen.

„Weiche Ziele“

Insgesamt seien die Namenslisten wohl eher nur als „Gedankenspiel“ zu werten, heißt es in Ermittlerkreisen. Wahrscheinlicher sei, dass die Männer am Ende kein Attentat auf konkrete Personen planten, sondern vielmehr die Absicht hatten, einen Anschlag auf ein „weiches Ziel“ zu verüben.

Laut Anklageschrift schwebte ihnen vor, eine Splitterbombe in einer Menschenmenge zu zünden. Genauere Pläne habe man aber nicht ermitteln können. Nachdem die mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen versucht hatten, aus einem Grillanzünder Chemikalien für Sprengstoff herauszukochen, wurden drei der vier Männer im April 2011 festgenommen, der vierte folgte im Dezember.

Die Männer im Alter von 21 bis 32 Jahren stehen seit vergangener Woche vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Alle Angeklagten schweigen bisher zu den Vorwürfen. Am 20. August wird der Prozess gegen die „Düsseldorfer Zelle“ fortgesetzt.

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