EMtaz: Die Richtigen gewinnen K.-o.-Spiele: Sie hatten alle den besseren Plan

In der K.-o.-Runde setzen sich mit Wales, Polen und Portugal nicht unbedingt die Teams durch, die es verdient hätten. Verdient zählt aber nicht.

Ronaldo im Zweikampf mit Kroatiens Vida

Dank eines guten Plans einen Schritt voraus: Ronaldo (l.) vor Vida Foto: ap

Jaaah! Endlich geht es richtig los, also so wirklich, tatsächlich, ungelogen, ungeschminkt und vollekanne-vollgas-voraus. Die K.-o.-Runde hat begonnen, die schlechtesten der schlechten Teams sind weg, die besseren werden ihre Scheuklappen ablegen. Jetzt, da es um alles geht! Oder eben um nichts. Die Fußballsaison nähert sich ihren Höhepunkten, den höchsten seit zwei Jahren, seit Götze im Maracanã einen Moment für das kollektive Gedächtnis geschaffen hat. Auf so etwas hofft der gemeine Fan erneut. Der deutsche jedenfalls.

Spielt die Löw-Elf nicht, zieht's einen trotzdem vor den Bildschirm. Ist halt Fußball. Man ergötzt sich an echten Dramen, Helden, Versagern und Wundern. Und – natürlich – sehnt man guten Fußball herbei. Im Achtelfinale nicht unbedingt den vom Allerfeinsten. Aber ein bisschen was vom Feinsten will man schon sehen.

Am Samstag ging der Spaß also los. Drei Achtelfinalspiele flimmerten über die Bildschirme. Erstes Resümee aus Fanperspektive: Vierbisfünf.

Das Duell zwischen der Schweiz und Polen ist etwa eines, von dem der Leibesübungenlehrer im Vorfeld nie und nimmer eine Eins erwarten würde. Gemessen daran war das Gekicke deshalb ganz gut. Und es gab Helden. Allen voran: Polen-Torwart Fabianski, der klasse hielt, und Schweiz-Kunsttorschütze Shaqiri, der mit einem fabelhaften Seitfallrückzieher von der Sechzehnerkante das bisher schönste Turniertor erzielte. Als es ins Elfmeterschießen ging, wussten alle, es würde auch einen Versager geben. Er hieß Granit Xhaka. Vergleiche mit Hoeneß wurden ausgegraben, weil Xhaka so weit links vorbeischoss wie Ulrich H. im 76er Finale einst drüber. Spielnote zwei und reichlich Gesprächsstoff für die Stammtische.

Will Grigg hätte es verdient

Hätten die offensiveren Schweizer das Weiterkommen nicht mehr verdient gehabt als die Konterpolen? Wäre es nicht gerechter gewesen, wenn Dreammaker Shaqiri im Viertelfinale weiter zaubern dürfte (anstelle des bajuwaruschen Rumstolperers Lewandowski)? Berechtigte Fragen, aber völlig irrelevant. Verdient zählt im Fußball nicht.

Es folgte: Bale gegen Nordirland. Die bereits sehr bescheiden angesetzten Erwartungen wurden unterboten. Wales weiter, kein weiterer Gesprächsbedarf, Spielnote: Fünfkommafünf. Die einzige Frage, die interessiert: Warum gönnte Nordiren-Coach O'Neill dem Fanliebling Will Grigg nicht eine Einsatzminute? Hätte der doch verdient!

Gut möglich. Nur wird es wohl so sein, dass unter den vielen stümperhaften nordirischen Stürmern zwar alle weniger beliebt sind als Mr. Grigg, einige aber effektiver sind.

Ein Sahnehäubchen dann am Abend. Portugal gegen Kroatien. Zwei Teams, die kicken können. Die aufregende Einzelkicker in ihren Reihen haben, Ronaldo und Nani auf der einen, Modrić und Rakitić auf der anderen Seite. Und vor allem zwei Mannschaften, die dem Offensivgeist frönen. Dachte man.

Null Torschüsse nach 90 Minuten

Es folgten 120 Gruselminuten, Spielnote: Sechs. Und dann kam die portugiesische Équipe weiter – eher unverdient. Oder doch verdient?

Wie die Polen setzten auch die Portugiesen fast auf reine Defensive. Die arbeitete so gut, dass Kroatiens hoch gelobtes (und hoch dotieertes) Mittelfeld überhaupt nicht zur Entfaltung kam. Resümee: Null Torschüsse nach 90 Minuten für beide Teams. Dass dann Ronaldo – von dem nichts, nichts und nochmal nichts zu sehen war – die entscheidende Vorlage lieferte, mutete geradezu pervers an.

Trotzdem passt es, dass Polen, Wales und Portugal in die nächste Runde einziehen. Allesamt hatten sie einen besseren Plan. Keinen schöneren, aber einen effektiveren. Und vor allem einen, der das bessere Ergebnis brachte. Das zählt letztlich und reicht zum Weiterkommen. Leider, aber auch verdient.

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