EU-Mittelmeer-Operation „Sophia“: Deutschland erhöht Druck

Die Bundesregierung pausiert bei EU-Operation „Sophia“ im Mittelmeer. Verteidigungsministerin von der Leyen macht das an der Rolle Italiens fest.

Ein Schiff im Mittelmeer

Zieht bald aus dem Mittelmeer ab: das deutsche Marineschiff „Sophia“ Foto: dpa

Die Bundeswehr, die sich an der militärischen Operation EUNAVFOR MED, kurz „Sophia“, beteiligt, setzt ihren Einsatz vorübergehend aus. Die anwesende Fregatte „Augsburg“ soll vorerst nicht durch ein neues Schiff ersetzt werden. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begründete das mit der Rolle Italiens.

Die „Augsburg“ ist eines von drei Marineschiffen, die gegenwärtig im Zuge der EU-Operation auf dem Mittelmeer unterwegs sind. Hauptsächlich ist der Einsatz für die Bekämpfung von Schleusern zuständig. Die Schiffe müssen aber auch Menschen aufnehmen, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten. Das was danach passiert scheint einer der Knackpunkte für den Einsatz zu sein.

Wohin mit den Menschen? Das von der rechtsextremen Lega mitregierte Italien, das auch den Einsatz leitet, hatte sich in der Vergangenheit zunehmend gesträubt, neue Flüchtlinge aufzunehmen. Besonders deutlich wurde das über den Jahreswechsel, als zwei private Seenotretter weder in einen italienischen noch in einen maltesischen Hafen einfahren durften.

Die Bundesregierung baut mit dem Aussetzen der Beteiligung des neuen Schiffs Druck auf Brüssel auf. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor Journalisten: Man sehe, dass das italienische Kommando die „Augsburg“ in die entlegensten Ecken des Mittelmeeres schicke, sodass sie dort keine sinnvolle Aufgabe habe. Eigentlich soll die „Augsburg“ bald durch die „Berlin“ vor der libyschen Küste ersetzt werden. Von der Leyen kündigte aber an, sie nun erst einmal in die Nordsee zu schicken. Sie forderte eine baldige politische Lösung für den Einsatz im Mittelmeer.

Abstimmungsprozess nicht beendet

Der Einsatz werde in der EU zwar als relevant erachtet, der Prozess der Mandatsfindung sei auf EU-Seite aber noch nicht abgeschlossen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Am Ende so eines Prozesses stehe ein Operationsplan, in dem die Aufgaben und Ziele festgelegt würden. Die nächste Befassung des zuständigen Gremiums sei für die erste Februarwoche vorgesehen.

Das heißt: Kommt es zu keiner Einigung in der EU, wird die „Augsburg“ von Anfang Februar bis zum derzeitigen Auslaufen des Mandats Ende März nicht ersetzt. Die „Berlin“, die sich nun in der Nordsee an Nato-Manövern beteiligen soll, könnte aber bei einer EU-Entscheidung innerhalb von 10 Tagen einsatzbereit sein.

Die Grünen im Bundestag kritisierten die Entscheidung. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger sagte: „Angesichts der ohnehin schon laufenden Blockade der Seenotrettung ist es ein zynisches Spiel mit Menschenleben, die Seenotrettung weiter einzuschränken. Der Applaus des italienischen Innenministers Matteo Salvini zeigt, dass diese gefährliche Taktik der Bundesregierung nach hinten losgeht.“ Sie forderte statt einer militärischen eine zivile Seenotrettungsmission.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hennig Otte, begrüßte hingegen die Aussetzung. „Der Kernauftrag, die Bekämpfung von Schleuserkriminalität, kann dort aktuell nicht wirkungsvoll wahrgenommen werden. Sollte man sich in der EU auf ein gemeinsames Vorgehen für den Umgang mit Flüchtlingen einigen, könnte dieser Einsatz wieder aufgenommen werden.“

Der Mittelmeereinsatz der EU wurde vom Rat im Mai 2015 beschlossen. Die Einsatzkräfte der Operation „Sophia“ haben seitdem rund 49.000 Menschen aus Seenot gerettet. Vergangenes Wochenende sind 170 Menschen ertrunken. Die letzte Rettung unter „Sophia“ erfolgte laut Ministeriumsangaben im Juli 2018.

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