Echo auf Putins Besuch im Westen: Starrer Blick, unverbindliches Fazit

Russland ist zufrieden mit dem ersten Besuch Präsident Putins im Westen nach der Annexion der Krim. Die nationale Hochstimmung wirft indes erste Schatten.

Die Europäer werten Putins kurzes Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko (links) als ein beruhigendes Signal. Bild: dpa

MOSKAU taz | Die Feiern zum D-Day in Frankreich, wo vor 70 Jahren die Alliierten im Kampf gegen Hitler-Deutschland landeten, sind für Wladimir Putin glänzend verlaufen. Zwar ist der russische Staatschef zurzeit im Westen der Böse. Dennoch wollten in der Normandie einige internationale Spitzenpolitiker mit dem mächtigen Russen ins Gespräch kommen.

Selbst der amerikanische Präsident Barack Obama sprang über seinen Schatten und begrüsste ihn. So jedenfalls klang der Tenor der russischen Staatsmedien, die Putin auf seiner ersten Westreise nach der Einverleibung der Krim begleiteten: Russland ist dank seinem Präsidenten endlich wieder wer! Packt der Kremlchef einmal etwas härter zu – wie in der Ukraine –, ist ihm die Aufmerksamkeit der Weltgesellschaft gewiss.

Derweil erweckten geschickt montierte Bilder den Eindruck, dass sich Obama und Putin wieder auf Augenhöhe bewegen: Die linke Bildschirmhälfte beherrschte der Amerikaner, die rechte der Russe mit entschlossen Blick. Verschwiegen wurden Details. So hatte sich auch Englands Premierminister David Cameron mit dem Präsidenten getroffen, ihm jedoch nicht die Hand gegeben.

Der Fernsehzuschauer erfuhr davon nichts. Die Zensur wäre gar nicht nötig gewesen. Denn die vom Patrioten dahem hätten in der unhöflichen Geste Camerons nur einen weiteren Beweis von Respekt gesehen – nach dem Motto „Viel Feind, viel Ehr“. Die nationale Hochstimmung in Russland wirft indes erste Schatten. Sollte der Kreml mit den Erwartungen der Öffentlichkeit, die auch gegen eine militärische Intervention nichts auszusetzen hätte, nicht Schritt halten, könnte sich die Enttäuschung über kurz oder lang auch bei der eigenen Führung entladen.

Putins Auftritt wird in Russland und im Westen demensprechend unterschiedlich gedeutet. Die Europäer werten sein kurzes Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko schon als ein beruhigendes Signal. Beide sprachen sich dafür aus, zuallererst dem Blutvergiessen in der Ostukraine ein Ende zu bereiten. Man habe vereinbart, bei der Konfliktregulierung zusammenzuarbeiten. Das wäre in der Tat ein Erfolg.

Die Geste war entscheidend

Putins Fazit war unverbindlicher: Zwar habe ihm Poroschenkos Krisenplan gefallen, die Frage sei aber indes, ob er diesen Plan auch im eigenen Land vorstellen werde. Da Russland an dem Konflikt in der Ostukraine nicht beteiligt sei, scheide es überdies auch als Verhandlungspartner aus. Aus russischer Sicht versprach der Präsident dem Amtskollegen aus Kiew gar nichts. Allein seine Geste war entscheidend. Damit konnte er die nachsichtigeren Europäer besänftigen. Mit Verweis auf den guten Willen Moskaus kann die EU Forderungen nach härteren Sanktionen der Stufe drei nun erst einmal entgegentreten.

Der Kreml spielt wie immer auf Zeit und hat sich bestenfalls eine Pause verschafft. Zu Hause stellt sich auch der Rausschmiss aus der G-8 nicht als Tragödie dar. Von der Gruppe der sieben wichtigsten Industrieländer mit Russland spricht man seit langem abschätzig als ausgedientem Debattierklub. Wichtiger seien längst die G-20, denen Russland auch angehöre.

Viel hat sich nicht verändert in Russland. Die Verteufelung der Ukraine wird im Staatsfernsehen unvermindert fortgesetzt. So fragte der populäre Moderator Wladimir Solowjow, was Poroschenko als Vertreter eines faschistischen Regimes eigentlich bei der antifaschistischen Gedenkveranstaltung in der Normandie zu suchen habe?

Dies ist eine Provokation, die auch noch die Geschichte verleugnet. Denn die Ukraine und Weissrussland, nicht Russland, hatten die Hauptlast des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges zu tragen. Russland hat in der Normandie einen Etappensieg gefeiert. Übersehen wird indes, dass Putin die Wahlen in der Ukraine nicht verhindern konnte und es russischen Provokateuren nicht gelang, die Bevölkerung landesweit gegen Kiew aufzuwiegeln.

Im Gegenteil, das Projekt Ukraine ist ins Stocken geraten. Langfristig dürfte Kiew Moskau entgleiten. „Präsident Putin eroberte die Krim, trug damit aber zu endgültigen Abkehr der Ukraine bei“, könnte eines Tages in Geschichtsbüchern stehen. Es bleibt die bange Frage: Wie wird der Kreml reagieren, wenn er die Tragweite seines Vorgehens erkennt?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.