Ein Hardliner im Innenministerium: Old Schwurhand von der CSU
Friedrich Zimmermann war ein Erzreaktionär. Der CSU-Politiker und ehemalige Bundesinnenminister ist Sonntag nach langer Krankheit gestorben.
BERLIN taz | „Ich bitte alle um Vergebung, denen ich im Laufe der Jahre auf die Füße getreten bin, aber ich habe es immer so gemeint.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Friedrich Zimmermann vor bald 20 Jahren aus dem Deutschen Bundestag.
Von diesem Satz werden sich viele angesprochen gefühlt haben. Denn der 1925 geborene CSU-Mann und Leutnant der Reserve a. D. galt nicht nur den Linken und Liberalen als Erzreaktionär und innenpolitischer Hardliner.
Die sprachlichen Entgleisungen des „bayerischen Preußen“, wie er sich selbst nannte, sind Legion: „Datenschutz ist Täterschutz“ oder „Gewaltloser Widerstand ist Gewalt“, soll er gesagt haben. Der Strauß-Spezl nannte ein Wahlrecht für Ausländer einen „Anschlag auf die Verfassung“.
Er wetterte gegen „Asylmissbrauch“ und weigerte sich noch im hohen Alter, den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung zu bezeichnen. Zimmermann, das war einer, der für die Worte von Franz Josef Strauß stand, nach denen rechts von der CSU nur noch die Wand stehen dürfe.
Eins aber konnte man ihm nicht vorwerfen: dass sich seine Worte von seinen Taten unterschieden. Als Bundesinnenminister von 1982 bis 1989 verantwortete Zimmermann die Einführung des Vermummungsverbots und die Kronzeugenregelung.
Berühmt wurden seine verharmlosenden Erklärungen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, als er lange darauf bestand, dass die Deutschen sich überhaupt keine Sorgen machen müssten. Danach sah sich die Regierung Kohl dazu gezwungen, ein Umweltministerium einzurichten.
33 Jahre lang gehörte Zimmermann dem Bundestag an – was für eine politische Dauerkarriere. Dabei hatte es schon 1960 einmal so ausgeschaut, als sei er am Ende. Damals verurteilte ihn ein Gericht wegen Meineids zu vier Monaten Haft.
Doch in der Berufung kam Zimmermann mit der Behauptung durch, er sei am Tag seiner Aussage wegen Überfunktion der Schilddrüse geistig vermindert leistungsfähig gewesen. Fortan musste er sich den Spitznamen „Old Schwurhand“ gefallen lassen.
Friedrich Zimmermann ist am Sonntag im Alter von 87 Jahren nach längerer Krankheit verstorben.
Leser*innenkommentare
Wolfgang Banse
Gast
Über Verstorbene,die sich nicht mehr zur Wehr setzen können ,was über sie gesagt wird,sollte man nur gutes sprechen.
Rudolf Eglhofer
Gast
Bevor jetzt wieder die Nazikeule auf "Aldinger" und "Helene" niedersaust möchte ich etwas zu bedenken geben:
Für die damalige Bevölkerung, soweit nicht in Gefangenschaft oder KZ, war der 08.05.1945 keine Befreiung. Millionen wurden danach vergewaltigt, vertrieben, enteignet, getötet oder im Gulag versklavt.
Dass spätere Generationen dieses Leid nicht erkennen und nur noch oder vor Allem das Ende des Nationalsozialismus sehen ist auch verständlich.
Beide Ansichten sind legitim, wobei erstere zu vertreten das Recht der Zeitzeugen ist.
Die Folgerung, dies wäre zugleich eine Verharmlosung des Nationalsozialismus, ist nicht zutreffend.
Thomas Roth
Gast
Laut einem Kabarettisten soll Zimmermann gesagt haben: "Beschwören kann ich's, wetten möcht ich nicht drauf ..."
Helene
Gast
Den Zynismus, der mit dem Begriff Befreiung im Zusammenhang mit dem 08.05.1945 verbunden ist sollte man in solch einem Artikel nicht anführen. Nach Ende der Kampfhandlungen wurden noch über 2 Milionen Menschen, insbesondere Deutsche , dabei viele Frauen, Kinder, alte, Kriegsgefangene etc. getötet, den "Befreiten" wurde das Land und die Heimat beraubt, die Auslandsdeutschen wurden weltweit enteignet, das Wissen und Know How des deutschen Volkes wurde komplett geraubt (Patente etc.) die Sowjets plünderten und demontierten die Industrie, im Balkan wurden Deutsche zu 10-tausenden einfach erschossen und verscharrt etc...
Verhalten sich so Befreier? Nochmal zur Erinnerung: England und Frankreich haben Deutschland wegen dem Angriff auf Polen den Krieg erklärt. Haben die sich nach dem Krieg für Polen interessiert? Waren das Befreier für die Polen?
Deutschland hat den Krieg verloren und wurde daraufhin von seinem Naziregime befreit. Mehr auch nicht. Der Rest war viel Siegerverhalten und kaum Befreierverhalten. Dieser Begriff würde in diesem Zusammenhang sicherlich ins Nazijargon passen aber nicht zu dieser Katastrophe für viele dieser Menschen. Den Menschen in Ostdeutschland wurde, nur zur Erinnerung, ein Regime übergestülpt was die braunen Trommeln rot gestrichen hat und die Menschen dort bis 1989 nicht in freier Selbstbestimmung über ihr Schicksal befinden konnten. Wurden die 45 befreit? Der Begriff ist nicht nur unglücklich sondern purer gewollter Zynismus interessierter Kreise. Ich hoffe die Menschheit will in dieser Art nicht wieder andere befreien.
Aldinger
Gast
"... und weigerte sich noch im hohen Alter, den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung zu bezeichnen..."
Aber sowas von Pfui, weigert sich doch da einer, sein Mäntelchen nach dem Wind zu hängen. Das sahen 1945 so ziemlich alle in Deutschland so, incl. den Amerikanern, Sowjets, Franzosen und Engländern. Das Hauptquartier der US Streitkräfte in Deutschland nannte sich bis min. in die 90er Jahre übersetzt etwa soviel wie " Hauptquartier der Besatzungstruppen" und nicht etwa "Hauptquartier der Befreiungstruppen"
Aber als ehem. DDR-Bürger bin ich solche Geschichts"verbesserung" ja gewohnt.
F. Queseleit
Gast
"De mortuis nil nisi bene." Also:
Rudolf Eglhofer
Gast
Nur nicht Gutes über die Toten schreiben, lieber Klaus, wenn es sich doch um einen "Feind" handelt(e).
Immerhin wurde unter seiner Verantwortung das bleifreie Benzin und der Abgaskatalysator vor den meisten anderen Ländern Europas eingeführt.
lowandorder
Gast
Der feine Unterschied - Schlitzohr Höcherl trug nicht ständig das Grundgesetz unterm Arm;
Zimmermann als gestandner Bayer - kannte es erst gar nicht.
Tischler
Gast
Endlich ist der alte Zausel da wo er hingehört.