Energie sparen: Die ungenutzte Brückentechnologie

Die Jahresproduktion von etwa zehn Atomkraftwerken könnte durch Energieeffizienz eingespart werden. Experten fordern ein 10-Punkte-Programm.

Alle reden über Windräder und Sonnenstrom, aber kaum jemand über Wärmepumpen (Foto) und Dämmstoffe. Bild: dpa

BERLIN taz | Die sauberste, billigste und sicherste Energieressource ist ein effizienterer Umgang mit Strom und Wärme. Darauf haben am Donnerstag das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) in Berlin hingewiesen. Zehn Atomkraftwerke könnten bis 2020 abgeschaltet werden, würde nur alles technisch Mögliche getan, um weniger Energie zu verbrauchen.

Mehr Effizienz wird zwar in vielen Studien gefordert; Unternehmen können, vom Bund gesponsert, Energieberatungen in Anspruch nehmen. Und die Europäische Kommission will mit der Ökodesign-Richtlinie dafür sorgen, dass Verbraucher und Unternehmen nur noch zu den sparsamsten Kühlschränken oder Klimaanlagen greifen.

Trotzdem: "Der Energieverbrauch erfährt gegenüber der Art und Weise der Energieerzeugung zu wenig Aufmerksamkeit", sagt Stefan Thomas, Energieexperte des Wuppertal Institut. Das heißt: Alle reden über Windräder und Sonnenstrom, aber kaum jemand über Wärmepumpen und Dämmstoffe. Dabei ist das Potenzial der Energieeffizienz riesig. Bis zu 120 Terrawattstunden (TWh) Strom könnten jährlich eingespart werden, schätzt Thomas. Insgesamt verbraucht werden in Deutschland im Jahr rund 530 TWh Strom.

Die Deneff und das Wuppertal Institut fordern in einem 10-Punkte-Programm, die Energieeffizienz voranzutreiben. Das spare nicht nur Energie, sondern auch Geld. Energiekosten in Höhe von 19,3 Milliarden Euro könnten eingespart werden. Dazu solle ein Energieeffizienzfonds mit rund 560 Milliarden Euro eingerichtet werden. Mit diesem Geld solle die Verbreitung effizienter Technologien gefördert werden, "kleine Anreizprogramme, die Effizienzmaßnahmen beschleunigen", so Deneff-Geschäftsführer Christian Noll.

Ein solcher Fonds werde seit Jahren diskutiert, nun müsse er endlich umgesetzt werden. Weitere Punkte: Für die energetische Sanierung von Häusern müsse mehr und vor allem verlässlicher Geld bereitgestellt werden; die Energiekonzerne selbst sollten zum Stromsparen verpflichtet werden; das produzierende Gewerbe solle nur dann bei der Ökosteuer entlastet werden, wenn es ein Energiemanagement betreibe.

"Über eine solche Zwangsberatung könne man nachdenken", sagt Franziska Aicher. Die Chefin des Metallverarbeiters Aicher Präzisionstechnik im baden-württembergischen Königsheim bemüht sich seit Jahren um Energieeffizienz. Bei der Herstellung von Zahnrädern, Antriebswellen und Rotoren ist Strom ein bedeutender Kostenfaktor. Aicher holte sich Berater der Deutschen Materialeffizienz-Agentur ins Haus, die sich die Herstellungsprozesse anschauten.

Am Ende wurden die Maschinen anders gestellt, Arbeitsabläufe neu organisiert. "Nun sparen wir Zeit, Kosten und Energie", sagt die Chefin. Damit gehört das Unternehmen zu den Vorreitern. "Viele Firmen erwarten, dass sich ihre Investitionen in wenigen Jahren rechnen", sagt Gerd Marx von der Energie-Agentur NRW. Die Vorteile effizienterer Technik würden aber erst sichtbar, wenn die Kosten des ganzen Lebenszyklus etwa einer neuen Maschine zugrunde gelegt würden.

Allerdings sollten die Erwartungen an die Energieeffizienz auch nicht überspannt werden. Denn durch den "Rebound-Effekt" werden bislang alle Sparbemühungen durch mehr Konsum aufgefressen. So verbraucht die Lampe vielleicht weniger Energie, brennt dafür aber länger: Es kostet ja weniger. Zwar verbrauchen Fernseher heute relativ gesehen weniger Strom, doch ihre Bildschirme werden immer größer und verbrauchen letztlich mehr.

Energieexperte Thomas verweist darauf, dass nur 5 bis 30 Prozent der Einsparungen wieder aufgehoben würden, der Großteil aber bestehen bleibe. Vor allem: Energieeffizienz müsse Teil einer Gesamtstrategie sein, sprich: einen anderen und insgesamt weniger Konsum.

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