Entführter Vietnamese Trinh Xuan Thanh: Verhandlungen über Rückkehr

Seit der Entführung des Exilanten kriselt es zwischen Deutschland und Vietnam. Die Regierungen bemühen sich nun um Annäherung.

Der Entführte bei einem Interview im vietnamesischen Staatsfernsehen.

Der ehemals hochrangige KP-Kader kurz nach seiner Entführung im vietnamesischen Staatsfernsehen Foto: dpa

BERLIN taz | Die deutsche und die vietnamesische Regierung verhandeln seit Donnerstag im Berliner Auswärtigen Amt über die Rückführung des in Hanoi zu lebenslanger Haft verurteilten Vietnamesen Trinh Xuan Thanh nach Deutschland. Der in Hanoi in Ungnade gefallene ehemals hochrangige KP-Kader hatte in Deutschland Asyl beantragt und war im August 2017 vom vietnamesischen Geheimdienst nach Hanoi entführt worden. Von einer Einigung in seinem Fall hängt die Normalisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen ab.

Von den Gesprächen erfuhr die taz aus dem Umfeld des Hanoier Außenministeriums. Sie sollen auf Einladung der Bundesregierung erfolgen. Vietnams Verhandlungsführer ist demnach der Vizeaußenminister. Das deutsche Außenamt bestätigte der taz lediglich „Gespräche im Auswärtigen Amt am heutigen Donnerstag“ im Rahmen eines „engmaschigen Gesprächsprozesses“ mit Vietnam zu „internationalen und bilateralen Fragen“.

Die Rückführung des Entführungsopfers nennt das Amt nicht. Klar ist aber, dass Deutschland die Normalisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen, die zuvor den Status einer „strategischen Partnerschaft“ hatten, genau daran immer geknüpft hat. Außerdem hat Deutschland als Reaktion auf die völkerrechtswidrige Entführung Gespräche mit vietnamesischen Politikern ausgesetzt, es sei denn es, ging um dieses Thema.

Laut der vietnamesischen Quelle ist die Frage der Rückführung von Trinh Xuan Thanh in Hanoi umstritten. Der Vizeaußenminister hätte kein Mandat, diese verbindlich zuzusagen. „Das Außenministerium und das Außenhandelsministerium machen Druck, dass Trinh Xuan Thanh nach Deutschland zurück soll.

Auch Beziehung zwischen Vietnam und Slowakei in der Krise

Sie wissen, dass nur so die Beziehungen wieder ins Lot kommen. Innenpolitiker wollen das aber um jeden Preis verhindern,“ erklärt der Informant. Zu den Blockierern würden Leute zählen, die an der Entführung beteiligt waren und davon ausgehen, dass Deutschland einen internationalen Haftbefehl gegen sie erlassen hat.

Auch die Beziehungen Vietnams zur Slowakei sind wegen der Entführung in einer Krise. Laut deutscher Generalbundesanwaltschaft wurde das Entführungsopfer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem slowakischen Regierungsflugzeug aus dem Schengenraum gebracht.

Den Flieger hatte der damalige slowakische Innenminister Robert Kalinak seinem vietnamesischen Amtskollegen To Lam geliehen, weil der schnell nach Moskau zu einem Termin musste, den es dann gar nicht gab. Ob Kalinak wusste, dass das Entführungsopfer an Bord saß, ist Gegenstand slowakischer Ermittlungen. Kalinak bestreitet das.

Und Vietnam bestreitet, dass das Entführungsopfer überhaupt an Bord war. Die Slowakei forderte Hanoi auf zu erklären, wie Trinh Xuan Thanh denn sonst nach Hanoi gekommen sei und droht mit Konsequenzen, falls es keine schlüssige Erklärung gäbe. Besonnene Kräfte in Hanoi haben kein Interesse an einem diplomatischen Flächenbrand.

Ein neuer Mann für den Neuanfang

Deshalb hat Vietnams Außenministerium im August den Botschafter in Berlin, Doan Xuan Hung, verabschiedet und als Nachfolger Nguyen Minh Vu angekündigt. Der Wechsel ist aus Sicht Hanois notwendig, weil nur ein neuer Mann glaubhaft für einen Neuanfang der Beziehungen stehen kann.

Der alte Botschafter, in dessen Botschaft das Entführungsopfer mutmaßlich zwei Tage verbringen musste, bevor der Transport nach Bratislava erfolgte, wird seit der Entführung von der Bundesregierung wie von Diplomaten anderer Staaten geschnitten. Er fiel bereits dadurch auf, dass er mit vietnamesischen Migranten in Deutschland Bier trinkt und Golf spielt, für die sich die Polizei interessiert.

Obwohl der neue Botschafter offiziell benannt ist, ist der Alte weiter im Dienst. Das Außenministerium hätte erklärt, so ein Insider zur taz, den neuen erst nach Berlin zu schicken, wenn Trinh Xuan Thanhs Rückführung spruchreif sei. Sonst würde der Mann, der für einen solideren Stil als sein Vorgänger steht, „verbrannt“ werden.

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