Entscheidung der Deutschen Fußball-Liga: Die Sache mit dem Wettbewerb

Der deutsche Profifußball hält an der 50+1-Regel fest und vergällt Investoren damit den Einstieg. Für den FC St. Pauli ist das ein Triumph.

Zwei Hände halten ein Banner mit der Aufschrift "50+1 bleibt"

In der Kurve ein Grund zur Freude: Investoren können sich nicht einfach so Fußballvereine kaufen Foto: dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Es lagen ein paar tiefe Falten auf der Stirn von Reinhard Rauball, als er sich am späten Donnerstagnachmittag noch einmal das Zahlenwerk der Abstimmung in Erinnerung rief. „Dieses Ergebnis sagt, dass es schwierig ist in der Liga“, sagte der Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Nach einer kontroversen Debatte haben 18 der 34 anwesenden Erst- und Zweitligisten für einen Vorschlag des FC St. Pauli votiert, dessen Kern in einem Festhalten an der 50+1-Regel besteht.

Die Hamburger hatten nach hitzigen Diskussionen beantragt, einen „Prozess zur Verbesserung der Rechtssicherheit sowie weitere Überlegungen hinsichtlich geänderter Rahmenbedingungen unter Beibehaltung der 50+1-Regel einzuleiten. Der FC Bayern, Greuther Fürth, RB Leipzig und der 1. FC Heidenheim votierten gegen diesen Vorschlag, neun Vertreter enthielten sich, und drei anwesende Klubs gaben seltsamerweise gar keine Stimme ab.

Für den FC St. Pauli ist das ein Triumph. Mit viel Aufwand hatten die Hamburger schon im Vorfeld Überzeugungsarbeit geleistet und eine Allianz von Vereinen geschmiedet, die kein Interesse daran hat, den deutschen Fußball nach englischem Vorbild für Großinvestoren zu öffnen. Statt einer „ergebnisoffenen Grundsatzdebatte“, wie sie das Präsidium der DFL vorgeschlagen hatte, soll nun vor allem die Rechtssicherheit verbessert werden, nicht zuletzt, weil Martin Kind, der Präsident von Hannover 96, immer wieder mit einer Klage gedroht hatte.

Im Sitzungssaal soll Kind deshalb heftig angegriffen worden sein, er erzeuge ein Klima der Angst unter den 35 Mitgesellschaftern und solle doch bitte endlich klar sagen, ob er klagen wolle oder nicht, statt immer wieder Drohkulissen zu errichten. Beantwortet hat er diese Frage nicht.

Etwas unklar bleibt jetzt noch, was genau mit „Überlegungen hinsichtlich geänderter Rahmenbedingungen“ gemeint ist. Rauball erläuterte, hinter dieser Einschränkung verberge sich der Wunsch nach mehr „Wettbewerbsgleichheit“, es gehe darum, dass der „Wettbewerb geschützt ist und geschützt bleibt“.

Es gibt schon vier Ausnahmen

Doch auch diese Präzisierung lässt sich ganz unterschiedlich auslegen. Wettbewerber wie der FC St. Pauli, der schon einmal den seinerzeit belächelten Vorschlag gemacht hat, dass Investorenklubs wie Hoffenheim, Leverkusen, Wolfsburg und Leipzig aufgrund ihres besonderen Zugangs zu finanziellen Mitteln einen kleineren Anteil vom TV-Geld bekommen sollten, wollen eine stärkere Regulierung, um den Wettbewerb zu stärken. Auch Vereine wie der SC Freiburg wünschen sich einschränkende Änderungen, die es einem Investor wie Klaus-Michael Kühne künftig verbieten, dem HSV in einer Winterpause spontan 25 Millionen Euro zu geben und damit massiv Einfluss auf den Abstiegskampf zu nehmen.

Auf der anderen Seite gibt es Bundesligisten, die die Debatte in eine andere Richtung lenken wollen. Eintracht Frankfurts Vorstandsmitglied Axel Hellmann liebäugelt eher mit neuen Freiheiten, in seinen Augen sollten Investoren unter strengen Auflagen Mehrheiten übernehmen können. Da es schon vier Ausnahmen gibt, würde man auf diese Art für mehr Gerechtigkeit sorgen.

In den Augen der Bewahrerfraktion würde solch ein Vorgehen dem Wunsch nach Wettbewerbsgleichheit hingegen eher schaden, weil namhafte Klubs in Millionenstädten mit großer Fanbasis interessanter für Investoren sind. Klar ist nur, dass das unbehagliche Gefühl kursiert, die Sache mit der Wettbewerbsgleichheit laufe nicht so richtig gut, wenn immer die Bayern Meister werden und Leipzig aus dem Nichts in die Champions League stürmt. 50+1 ist das Symbol, an dem sich dieses Unbehagen zeigt.

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