Entwicklung nach dem Dieselurteil: Nachrüstung zur Chefsache machen

Die Forderungen nach größerem politischen Druck auf die Autoindustrie mehren sich. Die Umweltministerin erwartet nur in wenigen Städten Fahrverbote.

Ein roter Wagen fährt hinter einem grauen Auto her

Umweltministerin Hendricks rechnet nicht mit einer Vielzahl an Fahrverboten in deutschen Städten Foto: dpa

BERLIN rtr | Bundesumweltministerin Barbara Hendricks rechnet nach dem Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nur in wenigen Städten mit einem Fahrverbot. „Das wird ganz weitgehend zu vermeiden sein“, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag in Berlin. Zwar werde in 70 Städten der Stickoxid(NOx)-Grenzwert überschritten. In 50 davon allerdings nur knapp, so dass auf Verbote als letztes Mittel verzichtet werden könne.

Auf die 20 anderen Städte konzentriere sich zudem das Bundesprogramm „Saubere Luft“. Dieses sieht unter anderem Umrüstungen von Bussen und Verbesserung der Verkehrsflüsse vor. Wenn es trotzdem Diesel-Fahrverbote gebe, müssten die Kommunen aber ein Instrument wie die „Blaue Plakette“ an die Hand bekommen, sagte Hendricks. Dies sei nötig, um sauberere Autos von Dieseln mit hohem NOx-Ausstoß unterscheiden und Verbote kontrollieren zu können.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer fordert von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Nachrüstung von schmutzigen Diesel-Fahrzeugen durch Autohersteller zur Chefsache zu machen. „Der politische Druck auf die Autohersteller muss viel größer werden“, sagte Klaus Müller, Chef des Bundesverbands Verbraucherzentrale, der Rheinischen Post. „Der Verbraucher darf hier nicht alleine auf den Kosten sitzen bleiben.“ Der Verband prüfe auch, ob Schadenersatzklagen wegen der Wertverluste schmutziger Diesel-Fahrzeuge gegen Autobauer oder Kommunen möglich seien.

Autohersteller in die Pflicht nehmen

Das Bundesverwaltungsgericht hatte diese Woche den Weg für Fahrverbote für Millionen von Diesel-Autos in deutschen Städten frei gemacht. Wenn die Luft nicht anders sauberer werde, seien sie als letztes Mittel zulässig. Die Fahrverbote müssten aber verhältnismäßig sein und dürften nicht über Nacht eingeführt werden.

Auch Bundesumweltministerin Hendricks will Volkswagen & Co in die Pflicht nehmen. „Wer seinen Diesel nachrüsten kann und will, der sollte einen Anspruch darauf haben, dass der Hersteller das übernimmt“, sagte die SPD-Politikerin der Süddeutschen Zeitung. Die eigentlichen Verursacher des Problems dürften nicht aus dem Blick geraten. Die Autobauer lehnen eine teure und aufwendige Umrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge ab. Sie setzen auf schnellere und günstigere Software-Updates.

Bundesverkehrsminister Schmidt

Die blaue Plakette ist nichts anderes als eine kalte Enteignung für Millionen von Dieselbesitzern

Bundesverkehrsminister Christian Schmidt hat sich gegen eine blaue Plakette für sauberere Autos ausgesprochen. Fahrzeuge dürften nicht ausgesperrt werden, sagte der CSU-Politiker der Bild. „Die blaue Plakette ist nichts anderes als eine kalte Enteignung für Millionen von Dieselbesitzern.“ Auch die SPD-Verkehrspolitikerin Kirsten Lühmann lehnte in der Heilbronner Stimme die Plakette ab. Einzelne Fahrverbote auf bestimmten Strecken könnten auch ohne dieses Instrument angeordnet werden.

Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries forderte in den Blättern der Funke-Gruppe die Autokonzerne auf, Vorschläge für Lösungen zu entwickeln. Das gelte vor allem für Handwerksunternehmen. Diese setzen meist Dieselfahrzeuge ein. „Weder die Mittelständler noch die Verbraucher dürfen jetzt diejenigen sein, die die Zeche zu zahlen haben.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt schlug in der Rheinischen Post vor, Busse, Taxen und städtische Fahrzeuge umzurüsten. Hier hätten einige Kommunen erheblichen Nachholbedarf.

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