Erhöhtes Schlafkrankheit-Risiko : Arzneiagentur zieht Pandemrix-Bremse

Erhöhtes Risiko für Schlafkrankheit: Kinder und Jugendliche sollen sich nicht mit Pandemrix gegen die Schweinegrippe impfen lassen. Für Erwachsene gilt die Warnung nicht.

Doch nicht so gut: Pandemrix. Bild: ap

STOCKHOLM taz | Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat beschlossen, die Ausgabe des Schweinegrippe-Impfstoffs Pandemrix deutlich einzuschränken. Sie empfiehlt, diesen Impfstoff nicht mehr an Personen unter 20 Jahren zu verabreichen.

Grund: Für Geimpfte dieser Altersgruppe bestehe ein 6- bis 13-faches Risiko, an der unheilbaren "Schlafkrankheit" (Narkolepsie) zu erkranken.

Studien aus Finnland und Schweden haben einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Pandemrix-Impfung und Narkolepsie ergeben. Der Ausschuss für Humanarzneimittel CHMP betont jedoch, dass diese Warnung nur für Kinder und Jugendliche gelte. Für Personen über 20 Jahren sei bislang kein erhöhtes Erkrankungsrisiko bekannt. Dem Pandemrix-Hersteller GlaxoSmithKline zufolge wurden 65 Prozent aller Fälle von Narkolepsie-Neuerkrankungen mit zeitlichem Bezug zu Pandemrix-Impfungen in skandinavischen Ländern gemeldet. Der Ausschuss wirft daher die Frage auf, ob bei diesen statistischen Auffälligkeiten womöglich die Umwelt oder auch genetische Faktoren eine Rolle spielen könnten.

Eine andere Erklärung: Die Impfbereitschaft ist in den skandinavischen Ländern traditionell sehr hoch. Über die Hälfte der Bevölkerung lässt sich regelmäßig impfen, bei Kindern und Jugendlichen ist die Quote noch höher. In Finnland etwa liegt die Rate bei über 70 Prozent. Möglicherweise ist es auf besondere Aufmerksamkeit der Ärzte und das dortige zentrale Meldesystem zurückzuführen, dass der Verdacht eines Zusammenhangs in diesen Ländern zuerst aufkam und anschließend besonders aufmerksam verfolgt wurde. Die Europäische Arzneiagentur EMA hat mittlerweile in allen europäischen Ländern Untersuchungen veranlasst. In Deutschland führt sie das Paul-Ehrlich-Institut durch.

Finnland will Betroffene entschädigen

Die finnische Regierung hat inzwischen versprochen, Betroffene zu entschädigen. Hersteller GlaxoSmithKline hatte seinerzeit eine Haftung für mögliche Nebenwirkungen bei diesem unerprobten Impfstoff ausdrücklich ausgeschlossen. Helsinki sieht sich jedoch in Bringschuld, weil es konkret diesen Impfstoff empfohlen hatte. Die Regierungen in Stockholm und Oslo erwägen ähnliche Schritte.

Narkolepsie ist eine neurologische Erkrankung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Häufigste Symptome sind eine starke Tagesschläfrigkeit bis hin zu Schlafzwang und einem Kontrollverlust der Muskeln.

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