Ersatz für Autoverladung fehlt: Gericht stoppt Altona 21

Der Verkehrsclub Deutschland ist mit einem Eilantrag gegen die Verlegung des Altonaer Bahnhofs an den Diebsteich erfolgreich.

Keine Gleisalle, aber ein repräsentatives Empfangsgebäude: So würde der neue Bahnhof aussehen Foto: dpa

HAMBURG taz | Im Streit um die Verlegung des Bahnhofs Altona an den Diebs­teich haben die Projektgegner einen Sieg errungen. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht gab einem Eilantrag statt, mit dem sich der Verkehrsclub Deutschland und die Bürgerini­tiative Prellbock Altona gegen den Planfeststellungsbeschluss gewandt hatte. Dabei fiel den Planern nicht die nachgereichte Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Füße, sondern ein weit banaleres Versäumnis: Sie unterließen es, die neue Autoverladestation hinreichend konkret zu planen.

Bis Ende 2023 möchte die Bahn den Fern- und Regionalverkehr vom Bahnhof Altona an den S-Bahnhof Diebsteich verlegen. Am Bahnhof Altona würden nur noch U- und S-Bahnen verkehren. Durch die Verlagerung würde auf dem Altonaer Gleisdreieck zusätzlicher Platz für den Wohnungsbau frei. Mit dem neuen Bahnhof samt Randbebauung entstünde zwei Kilometer nördlich ein neues Zen­trum. Das erste Bürgergespräch dazu hat schon stattgefunden.

Die Bahn sei „eisenbahnrechtlich verpflichtet“, eine Autoverladeeinrichtung bereit zu stellen, sagt Gerichtssprecher Max Plog. „Der Planfeststellungsbeschluss sieht keinen gleichwertigen Ersatz vor und stellt einen rechtzeitigen Ersatz auch weder zeitlich noch inhaltlich sicher“, erklärte das Gericht in seinem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss vom 15. August (Az. 1 Es 1/18.P).

Es reiche nicht aus, dass der Planfeststellungsbeschluss die Bahn dazu verpflichte, eine gleichwertige Autoverladung in der Nähe des alten Kopfbahnhofs zu bauen, argumentierte das Gericht. Denn sollte es nicht gelingen, die Autoverladestation zu verlegen, wäre das gesamte Bahnhofsprojekt obsolet. Davon abgesehen könne auch nicht geklärt werden, ob der Durchgangsbahnhof tatsächlich die bessere Alternative wäre, wenn nicht klar sei, wohin die Autoverladung verlegt werde.

Weil dieses Problem schon reicht, um den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses zu verhindern, hat sich das Gericht mit einer Reihe anderer Fragen, die von den Klägern aufgeworfen wurden, gar nicht befasst. Diese Fragen, etwa zur Alternativenprüfung, würden im Hauptsacheverfahren vertieft behandelt, teilte das Oberverwaltungsgericht mit.

Am Diebsteich soll für rund 350 Millionen Euro ein neuer Fern- und Regionalbahnhof mit einem repräsentativen Eingangsgebäude entstehen.

Ausgehend vom Bahnhof will der Senat, „das Gebiet zu einem modernen und urbanen Stadtquartier entwickeln, das durch Arbeitsstätten und produzierendes Gewerbe geprägt ist“.

Auf den frei werdenden Gleisflächen des alten Bahnhofs sollen ab 2024 weitere 1.900 Wohnungen im zweiten Bauabschnitt des Projekts Mitte Altona gebaut werden.

Der VCD hatte bei seiner Klage in den Vordergrund gestellt, dass für das Projekt Bahnhofsverlegung keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgelegt wurde. Die Bahn hat das inzwischen nachgeholt, was vom Gericht akzeptiert wurde. Inhaltlich habe das Gericht diese aber noch nicht geprüft.

VCD fordert neue Planung

Jetzt seien die Bahn, das Eisenbahnbundesamt und die Politik, insbesondere der Senat, gefordert, die Planung neu aufzurollen, stellten der VCD und Prellbock fest. „Jetzt ergibt sich die Chance, sich ernsthaft mit den Vorstellungen der Bürgerinitiative und des VCD auseinanderzusetzen und den Kopfbahnhof Altona an Ort und Stelle im Interesse der Fahrgäste zu modernisieren.“ Im Zuge dessen solle das Gleisvorfeld neu geordnet, nicht mehr benötigte Gleise abgerissen und die Planung für den zweiten Abschnitt des Wohnungsbaus begonnenen werden.

Die Linke und die CDU wiesen darauf hin, dass sie mehrfach beim Senat nach dem Planungsstand für die Autoverladeanlage gefragt und ausweichende Antworten erhalten hätten. Die Eilentscheidung sei „ein Erfolg für Altona und ein Tiefschlag für die DB und den Senat“, sagt Heike Sudmann, Bürgerschaftsabgeordnete der Linken. „Damit erhalten sie auch die Quittung für ihre Ignoranz.“

Dennis Thering (CDU) sieht das ähnlich: „Stuttgart 21 war und ist ein mahnendes Beispiel, was passiert, wenn allzu leichtfertig über die Köpfe der Betroffenen und Andersdenkenden hinweg geplant wird.“ Rechtssicherheit sei bei einem derartigen Großprojekt das A und O. Dass ausgerechnet die Autoverladung zu der Eilentscheidung geführt habe, sei ärgerlich.

Die Bahn hatte die Autoverladung 2016 einstellen wollen. Dann fanden sich allerdings andere Anbieter, unter anderem die Österreichische Bundesbahn (ÖBB). In Reaktion auf die Eilentscheidung teilte sie mit: „Wir werden den Beschluss nun intensiv, auch mit unseren Projektpartnern, prüfen und im Anschluss über die weiteren Schritte entscheiden.“

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