Eskalation bei Hamburger Demo: Polizei besorgt’s den Eltern

Eine Initiative gegen Sexualaufklärung an Grundschulen hält eine Kundgebung in Hamburg ab. Der Gegenprotest eskaliert. Die Polizei jagt Demonstranten.

Hamburg: Homophobe Eltern demonstrieren gegen Sexualkundeunterricht an Grundschulen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Schlagstock, Pfefferspray, Fausthiebe: In Hamburg hat die Polizei eine Demonstration der initiative „Besorgte Eltern“ gewaltsam durchgesetzt. Vom Bahnhof über die Mönckebergstraße bis zum Rathaus gingen Beamte gegen Gegendemonstranten vor. Die „Besorgten Eltern“ applaudierten und sangen „What a beautiful day“. Am Rathaus begrüßte sie von ihrer Bühne „herzlich“ der integrationspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion Nikolaus Haufler – und versicherte, sich für ihre Forderungen gegen „Frühsexualisierung“ stark zu machen.

Im Schneetreiben waren am Mittag etwa 100 bis 150 „Besorgte Eltern“ am Hauptbahnhof zusammengekommen, um gegen den vermeintlichen „Sexualkundezwang“ an Kindergärten und Grundschulen zu protestieren. Die Demonstration hatte der Verein „Elternhaus e. V.“ um Irina Haffner-Janzen für die Initiative angemeldet. Viele der Eltern hatten Migrationshintergrund, viel Russisch war zu hören.

Der Vorsitzende der „Besorgten Eltern“ Mathias Ebert beeilte sich, gegenüber der taz klarzustellen: „Wir sind nicht schwulenfeindlich.“ Auf ihrer Website kritisiert die Initiative aber, dass der Begriff „Gender“ „unterstellt, dass jede sexuelle Orientierung gleichwertig ist und von der Gesellschaft akzeptiert werden muss“.

„Ihr seid homophobe Spinner“ skandierten die Gegendemonstranten. Noch bevor sich die „Eltern“ zu einer Kundgebung formieren konnten, waren sie eingekreist. Nur eine Polizeikette trennte die Gruppen. Die Eltern hielten Plakate mit Sprüchen wie „Kindergarten ist kein Swingerclub“ oder „Die klassische Familie muss bleiben“ hoch.

„Aufklärung gefährdet Vorurteile“

Die Gegendemonstranten konterten mit „Aufklärung gefährdet Vorurteile“ oder „Homophobie und Sexismus ist heilbar“. Sie waren von einer Kundgebung des Aktionsbündnisses „Vielfalt statt Einfalt“ auf dem Hansaplatz herübergekommen. Über 1.000 Menschen hatten daran teilgenommen. Stefan Mielchen vom Verein „Hamburg Pride“ sagte, lediglich die CDU habe auf ihre Anfragen nach Unterstützung gar nicht reagiert. Er erwähne das nur, sagte er weiter, weil die CDU „einen schwulen Mann zum Ersten Bürgermeister machen will“.

Gut zweieinhalb Stunden standen sich „Besorgte Eltern“ und Protestierende gegenüber. Nach und nach zog die Polizei Kräfte zwischen den Gruppen zusammen, die erst drückten und dann mit Schlagstöcken und Fäusten auf die stehenden Blockierer einschlugen. Beamte sprühten Protestierern Pfefferspray ins Gesicht. Auf Videos ist zu sehen, wie Polizisten an der Ernst-Merck-Straße fliehende Demonstranten zu Boden stoßen und danach auf sie eintreten, bis ein Vorgesetzter sie zur Ordnung ruft.

Die Polizei teilte am Sonntag mit, sie habe Schlagstöcke eingesetzt, nachdem Gegendemonstranten die 150 Versammlungsteilnehmer massiv mit Eiern, Schneebällen, Pyrotechnik und gefrorenen Wasserflaschen aus Plastik beworfen hätten. Eine 15-jährige Teilnehmerin habe dabei eine Kopfplatzwunde erlitten. „Die Polizei hat den Auftrag, Versammlungen zu schützen, in dem Fall haben wir das auch getan“, sagte ein Polizeisprecher.

Bild geändert: 26.1., 8:30

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