Ex-Lobbyistin wechselt zur EU: Im Namen der Industrie

Beate Kettlitz soll bald für die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit arbeiten. Dabei hat sie jahrelang für die andere Seite als Lobbyistin gekämpft.

So sind sie, die Lobbiysten, scheue Wesen. Und lassen lieber den Zuckerbomben den Vortritt, für die sie gern kämpfen. Bild: imago/teutopress

Beate Kettlitz arbeitet als Cheflobbyistin des EU-Dachverbands FoodDrinkEurope. Das finden manche Menschen schlimm, weil die Branche die Verbraucher täusche oder etwa Zuckerbomben an Kinder vermarkte. Noch schlimmer dürften diese Zeitgenossen es finden, dass Kettlitz nun in eine Führungsposition bei der Behörde wechseln soll, die maßgeblich an der Aufsicht über diese Branche beteiligt ist: der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa).

Die EU-Kommission jedenfalls hat nach eigenen Angaben Kettlitz als Mitglied des Efsa-Verwaltungsrats nominiert. Das Gremium soll die Behörde kontrollieren und auch ihre Unabhängigkeit sicherstellen. Eine Industrievertreterin wie Kettlitz im Verwaltungsrat, so kritisiert die Organisation Corporate Europe Observatory (CEO), aber wäre „eine ständige Bedrohung“ für diese Ziele.

Kettlitz, die aus Ostdeutschland stammt, hat an der Berliner Humboldt-Universität Lebensmittelchemie studiert. Sie arbeitete bei deutschen Behörden, bevor sie als Lobbyistin nach Brüssel wechselte. Zunächst für den Europäischen Verbraucherverband (Beuc), seit 2005 als Direktorin für Lebensmittelpolitik und Forschung bei FoodDrinkEurope, der alle großen Unternehmen der Branche vertritt.

Schon unter Kettlitz kämpfte er erfolgreich unter anderem dagegen, dass der Gehalt von Zucker und anderen Nährstoffen in Lebensmitteln leicht verständlich durch Ampelfarben auf der Verpackung zu kennzeichnen ist.

Die EU-Kommission rechtfertigt Kettlitz’ Nominierung mit der Richtlinie über die Efsa. Demnach müssen 4 der 14 Verwaltungsratsmitglieder aus Organisationen kommen, „die die Verbraucherschaft und andere Interessen in der Lebensmittelkette vertreten“. Deshalb habe man ja auch Konsumentenschützer nominiert, teilte die Kommission mit.

Doch Christoph Then, Chef des gentechnikkritischen Vereins Testbiotech, sagt: „Nirgendwo steht, dass es sich bei den 4 Mitgliedern um Vertreter der Industrie handeln soll.“ Verbraucherschützer wollten nichts verkaufen, Branchenvertreter schon. Deshalb hätten sie inakzeptable Interessenkonflikte.

Nun muss der Rat nach Befragung des Parlaments aus insgesamt 23 Nominierten 7 neue Verwaltungsräte auswählen. Beuc hofft, dass niemand dabei ist, der „Partikularinteressen der Lebensmittelkette“ vertreten hat.

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