Ex-Ministerpräsident Stanislaw Tillich: Scharfe Kritik an Seitenwechsel

Von der Spitze der Kohlekommission an die Spitze des Kohlekonzerns: Stanislaw Tillichs neuen Posten bei Mibrag sehen Umweltverbände als Problem.

Stanislav Tillich mit einem Bergbau-Helm

Hatte schon immer ein Herz für die Braunkohle: Stanislaw Tillich Foto: Sebastian Kahnert/dpa

BERLIN taz | Der Wechsel des ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) zum Braunkohlekonzern Mibrag ist bei Umweltverbänden auf scharfe Kritik gestoßen. Das Unternehmen, das die Tagebaue und Kraftwerke im mitteldeutschen Revier betreibt, hatte am Dienstag bekannt gegeben, dass Tillich neuer Aufsichtsratsvorsitzender wird.

Bis Februar war Tillich einer von vier Vorsitzenden der Kommission, die im Auftrag der Bundesregierung ein Konzept für den Kohleausstieg erarbeitete. Dies sieht vor, dass der Ausstieg erst 2038 erfolgt und dass die Betreiber für das Abschalten der Kraftwerke in der Regel eine Entschädigung erhalten sollen – obwohl Gutachten ergeben hatten, dass das rechtlich nicht notwendig sei. Zudem sorgen die Vorgaben der Kommission faktisch dafür, dass der Braunkohleausstieg im rheinischen Revier beginnt und in der Lausitz sowie im Mitteldeutschen Revier erst später Kraftwerke stillgelegt werden.

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser, der ebenfalls in der Kohlekommission saß, sieht diese Entscheidung sehr kritisch. Tillich habe sowohl als Ministerpräsident als auch als Co-Vorsitzender der Kohlekommission Entscheidungen getroffen, von denen die Mibrag direkt profitiere, sagte Kaiser der taz. „Wenn er jetzt nach kurzer Pause in den Aufsichtsrat des Konzerns wechselt, sendet das ein fatales Signal von Klientelpolitik als Drehtür zu lukrativen Wirtschaftsposten..“

Forderung nach Karenzzeit

Auch Timo Lange von der Organisation Lobbycontrol warnt: „Durch den Wechsel entsteht der Eindruck, hier ließe sich jemand seine kohlefreundliche Haltung als Politiker versilbern.“ Dieses Vorgehen gefährde „die gesellschaftliche Akzeptanz des Kohlekompromisses“, meint Lange. Er forderte zudem, auch in Sachsen eine Karenzzeit für den Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft einzuführen. Im Bund und in einigen anderen Bundesländern gelten dafür Fristen von 12 bis 24 Monaten. Tillich war bis Dezember 2017 Ministerpräsident.

Die Mibrag begründete Tillichs Berufung damit, dieser genieße „neben seiner hohen politischen Reputation auch den Ruf eines ausgewiesenen Fachmanns, der sich als gebürtiger Sorbe und Lausitzer intensiv mit dem Thema Bergbau auseinandersetzt“. Wie hoch die Vergütung für Tillichs neuen Posten ist, wollte das Unternehmen auf taz-Anfrage nicht mitteilen. Laut Geschäftsbericht erhalten die zwölf Mitglieder des Aufsichtsrats zusammen 211.000 Euro; in der Regel erhalten Vorsitzende eines Aufsichtsrats deutlich mehr Geld als einfache Mitglieder.

Das Bundeswirtschaftsministerium, das für die Berufung der Mitglieder der Kohlekommission hauptverantwortlich war, wollte Tillichs Wechsel auf Anfrage nicht kommentieren. Eine Sprecherin verwies lediglich darauf, dass die Tätigkeit der Kohlekommission im Februar geendet habe.

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