Fall Sami A.: Er muss nicht zurückgeholt werden

Das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht sieht den mutmaßlichen Gefährder in Tunesien ausreichend vor Folter geschützt. Das Abschiebeverbot bleibt aufgehoben.

Der Haupteingang zum Verwaltungsgericht Gelsenkirchen

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Foto: dpa

GELSENKIRCHEN dpa | Der rechtswidrig nach Tunesien abgeschobene mutmaßliche islamistische Gefährder Sami A. muss nicht nach Deutschland zurückgeholt werden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bestätigte am Mittwoch die Aufhebung des lange Zeit bestehenden Abschiebungsverbots für den 42-Jährigen.

Das Gericht blieb in der mündlichen Verhandlung bei seiner Einschätzung, dass eine diplomatische Zusicherung Tunesiens Sami A. „hinreichend verlässlich“ vor Folter und unmenschlicher Behandlung schütze. Die Behauptung von Sami A., er sei nach seiner Abschiebung in Tunesien menschenrechtswidrig behandelt worden, sei nicht glaubhaft, sagte der Kammervorsitzende Oliver Engsterhold in der mündlichen Urteilsbegründung.

Der Fall Sami A. beschäftigt die nordrhein-westfälische Justiz seit rund zehn Jahren. Sein Asylantrag war im Jahr 2007 abgelehnt worden. Zwei Jahre später hatte ein Gericht erstmals ein Abschiebungsverbot erlassen. Am 13. Juli vergangenen Jahres wurde Tunesier in sein Heimatland geflogen, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen das am Tag zuvor untersagt hatte. Der Beschluss wurde den zuständigen Behörden aber erst zugestellt, als Sami A. bereits im Flugzeug nach Tunis saß.

Das Gericht rügte die Abschiebung als rechtswidrig und ordnete die Rückholung von Sami A. an. Dazu kam es aber nicht. Nach einer diplomatischen Zusicherung Tunesiens, Sami A. drohe keine Folter oder unmenschliche Behandlung, hob das Gericht das Abschiebungsverbot im November im Eilverfahren wieder auf. Es ist überzeugt, dass Sami A. auch durch das große Medieninteresse vor menschrechtswidriger Behandlung durch die tunesischen Behörden geschützt ist.

Die Anwältinnen von Sami A. hielten dem Gericht vor, es habe die Verlässlichkeit der Zusicherung der tunesischen Botschaft in Berlin nicht ausreichend geprüft

Die Anwältinnen von Sami A. hielten dem Gericht vor, es habe die Verlässlichkeit der Zusicherung der tunesischen Botschaft in Berlin nicht ausreichend geprüft. Sie sehen weiterhin eine Foltergefahr für ihren Mandanten, gegen den in Tunesien weiter wegen Terrorismusverdachts ermittelt werde. Sie wollen prüfen, ob sie beim Oberverwaltungsgericht Münster die Zulassung der Berufung beantragen werden.

Der 1997 als Student nach Deutschland gekommene Sami A. soll zeitweise der Leibgarde des 2011 getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden angehört haben. In Deutschland soll er sich als salafistischer Prediger betätigt haben. Sami A. hatte die Vorwürfe stets bestritten, die Bundesanwaltschaft stellte ein Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein. Vor seiner Abschiebung lebte er in Bochum.

Seine Anwältinnen widersprachen der Einschätzung der deutschen Sicherheitsbehörden, von Sami A. sei eine Gefährdung der Menschen in Deutschland ausgegangen. Die Behörden hätten mit allen Mitteln versucht, eine Radikalisierung des 42-Jährigen zu konstruieren, argumentierten sie vor Gericht.

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