Fehlende Jobs im Profisport: Ein Traum von einem Manager

Seit gut einem Jahr gibt es die Sports Business Academy. Der Berufseinstieg für angehende Sportmanager ist allerdings hart.

Die Manager Fredi Bobic und Christian Heidel stehen nebeneinander

Haben es schon zu etwas gebracht: die Manager Fredi Bobic (Eintracht Frankfurt, links) und Christian Heidel (Schalke) Foto: dpa

BERLIN taz | Oliver Wegmann arbeitet im Bereich Sponsoring und Vertrieb für einen Fußballverein. In der Regionalliga zwar, bei Rot-Weiss Essen, aber immerhin. Posten im Profisport sind rar gesät – naturgemäß hängen die verfügbaren Stellen insbesondere von der Anzahl der Clubs und Sportler ab, die sich hauptberufliches gut qualifiziertes Personal in Vollzeit leisten können. Rückblickend bezeichnet Wegmann seine Einstellung ein halbes Jahr nach Abschluss seines dualen Bachelor-Studiums als „Glücksfall“. Nicht, dass er nichts vorzuweisen hätte: Kaufmännische Ausbildung, Fernstudium als Fußballmanager, Manager bei einem Amateurverein und gleichzeitig duales Studium mit Bachelor als Betriebswirt. Aber die meisten Mitbewerber hatten bereits einen Master.

1985 richtete die Universität Bayreuth erstmalig in Deutschland einen Diplomstudiengang „Sportökonomie“ ein, es folgte die Deutsche Sporthochschule Köln. Inzwischen kommen in Bayreuth auf jährlich 85 zu vergebende BA-Studienplätze rund 1.000 Bewerber. In Köln hoffen jedes Semester über 500 Bewerber, einen der 120 Plätze im Bachelor zu ergattern. Der Andrang bleibt konstant, obwohl seit der Bologna-Reform immer mehr private Bildungsinstitute auf den Markt drängen.

„Wenn Studienanfänger Sportmanagement studieren wollen, dann haben sie häufig das Bild eines in den Medien häufig präsenten Fußballmanagers vor Augen“, berichtet Christoph Breuer, Leiter der Deutschen Sporthochschule Köln. Der Haken daran: „Im professionellen Sport gibt es deutlich mehr Absolventen mit entsprechendem Interesse als tatsächlich Jobs existieren.“ Gemessen an der Anzahl der Absolventen generiere „beispielsweise die Fußballbundesliga nicht entsprechend viele Jobs.“

Jan Jerosch, Leiter des Fachbereichs Sport & Management am IST-Studieninstitut, verweist darauf, dass das „nötige Vitamin B und ein guter Name“ längst nicht mehr ausreichen: „Die Anforderungen sind in den vergangenen Jahren definitiv gewachsen“, erklärt Jerosch, der selbst an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert hat. Bereits seit 1990 gibt es am IST Bildungsangebote im Bereich Sportmanagement, seit 2006 zusätzlich für Sportökonomie. Auch einstige Profikicker wie der heutige Hertha-Manager Michael Preetz absolvierten dort ein Fernstudium.

An öffentlichen Universitäten ist das Erststudium für angehende Sportmanager wieder bundesweit frei von Studiengebühren. Private Bildungsinstitute wie das IST sind dagegen auf Studiengebühren angewiesen. Mit am teuersten ist die Munich Business School, die für einen Bachelor mit Schwerpunkt Sportmanagement 34.935 Euro verlangt. Auch einige Vereine wie der FC Schalke 04 klinken sich in die Ausbildung ein: Der einstige Arbeiterclub hat ausgerechnet mit der Schweizer Elite-Universität St. Gallen die S04 Sportakademie gegründet.

Undurchsichtiges Geflecht

Die Nachfrage im Bereich Sportmanagement brummt. Digitalisierung, Kommerzialisierung, Komplexität und Professionalisierung sind die vier Schlagworte, die Bildungsanbieter am häufigsten nennen. In der „Sportwirtschaft“ herrscht ein undurchsichtiges Geflecht aus Vereinen, Medien, Beratern, Unternehmen, Verbänden, Sponsoren und Agenturen. Nur wer das Spiel mit dem Sport beherrscht, hat am Ende genug Geld für teure Stars. Dafür lassen sich gewiefte Manager immer kreativere Geschäftsmodelle einfallen. Autodidakten à la Uli Hoeneß sind heutzutage die Ausnahme.

Im Profisport gibt es deutlich mehr interessierte Absolventen als wirkliche Jobs

Immer beliebter werden auf Seiten der Ausbilder sportspezifische Master of Business Administration, kurz MBA. Diese richten sich insbesondere an Berufstätige, die ihrer Karriere einen neuen Kick verleihen möchten. Ab kommenden Oktober bietet auch das IST gemeinsam mit der Fachhochschule Schmalkalden einen MBA für Sportmanagement an. Kostenpunkt: 10.800 Euro, zuzüglich der Semesterbeiträge. Ähnlich teuer ist ein MBA an öffentlichen Einrichtungen. Wer die drei begehrten Großbuchstaben in seinem Curriculum Vitae sehen möchte, zahlt etwa an der Hochschule Koblenz 9.600 Euro und an der Universität Bayreuth 15.600 Euro.

Mit der Sportbusiness Academy, der Spoac, drängt ein weiterer Akteur vehement auf den Ausbildungsmarkt. Im Herbst 2015 lauschten die rund 30 Studierenden des ersten Jahrgangs an ihrem zweiten Tag DFL-Chef Christian Seifert und dem Vorstandsvorsitzenden des DOSB, Michael Vesper. Beide Organisationen zählen auch zu den Gründungspartnern.

„Die Vereine denken und handeln zunehmend wie Medienunternehmen, die ihre Fans mit ‚Content‘ versorgen. Dafür braucht es neue Kompetenzen, die bisher in der klassischen Sportbusiness-Ausbildung zu kurz kommen“, erläutert Sponsors-Geschäftsführer Philipp Klotz die Idee. Auch er denkt, dass es für die Anzahl derer, „die aus Bachelor-Programmen auf den Arbeitsmarkt strömen“, schwierig werden dürfte. Trotz des „Überangebots an Absolventen“ sieht Klotz einen „Mangel an Fachkräften für die neuen digitalen Herausforderungen im Sport“.

Berufsperspektive Breitensport

Einen „Krieg um Talente“ und eine „Knappheit an Fachkräften“, wie es in einer Spoac-Studie heißt, bestätigen andere Branchenkenner nicht. „Der Nachfragedruck nach hochqualifizierten Sportmanagern kommt nicht aus den Profiligen“, sagt etwa Ulrich Semblat, Vorsitzender des Verbands für Sportökonomie und -Sportmanagement (VSD). Das Problem seien vielmehr die „verkrusteten Strukturen und Hierarchien des traditionellen Sportsystems“. Semblat warnt: „Die privaten Anbieter haben erkannt, dass Sport und Event interessant sind für Studierende.“

Ohnehin sind die Arbeitsbedingungen nicht unbedingt prickelnd. Junior-Manager in der Fußball-Bundesliga arbeiten bis zu 80 Stunden in der Woche. Ein Großteil des Geldes fließt in den Spieleretat. „Es gibt das Phänomen, dass Absolventen bereit sind, für weniger Geld zu arbeiten, wenn sie bei ihrem Lieblingsclub tätig sind“, wundert sich Semblat.

Die gute Nachricht für alle angehenden Sportwirtschaftler: 2010 gaben private Haushalte bundesweit 92 Milliarden Euro für Trikots und Fanschals, Eintrittskarten oder bezahlte TV-Spiele aus. Rund 1,8 Millionen Menschen arbeiteten 2010 in einem sportbezogenen Beruf.

Wenn der Traum vom Lieblingsclub geplatzt ist, bieten Sponsoren, Sportartikelhersteller oder auch der Breitensport gute Berufsperspektiven. Till Leon Kraemer berichtet, dass gerade in den Bereichen IT und Vertrieb Fachkräfte gesucht werden. Wohl auch ein Grund dafür, dass Vertriebsmann Oliver Wegmann relativ rasch einen neuen Job bei Rot-Weiss Essen gefunden hat: „Aus den vergangenen Jahren kenne ich sicherlich sehr viele Leute, die genauso wie ich von einer Tätigkeit in der Fußball-Bundesliga träumen“, so Wegmann. Um diesem Traum näher zu kommen, büffelt er wieder: Parallel zur Arbeit macht er seinen MBA an der Universität Jena.

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