Flucht aus den USA nach Kanada: Trump entkommen

Seit der Präsidentenwahl steigt die Zahl der Flüchtlinge an der US-kanadischen Grenze sprunghaft an. Trudeau will die Situation weiter beobachten.

Ein Flüchtling im Dunkeln

Ein Flüchtling überquert die kanadische Grenze Foto: ap

VANCOUVER taz | Sie kommen im Schutz der Nacht bei bis zu minus 30 Grad. Sie kämpfen sich zu Fuß stundenlang durch den kniehohen Schnee, über zugefrorene Seen oder vereiste Feldwege – bis sie auf der anderen Seite irgendwann völlig unterkühlt von einem Farmer oder einem Grenzbeamten aufgelesen werden.

Es ist Winter im kanadisch-amerikanischen Grenzgebiet und Szenen wie diese sind dort an der Tagesordnung, seit Donald Trump in den USA das Klima gegen Migranten verschärft, die Einreise erschwert und Abschiebungen angedroht hat. Viele Einwanderer, die sich bislang in den USA aufhielten, machen sich dieser Tage daher bei Wind und Wetter auf in Richtung Norden in der Hoffnung auf mehr Milde jenseits des 49. Breitengrades.

„Als ich es nach Kanada geschafft hatte, habe ich mich so glücklich gefühlt. Ich hatte das Gefühl, Donald Trump endlich entkommen zu sein“, berichtete Mouna Ismai, nachdem sie sich vor ein paar Wochen mit einem Taxi an die Grenze zwischen Nord-Dakota in den USA und Manitoba hat fahren lassen und sich danach zu Fuß nach Kanada durchgeschlagen hatte.

Die Frau, die ihre ostafrikanische Heimat wegen einer Zwangsehe verlassen hat und sich ursprünglich in den USA niederlassen wollte, ist einer von rund 7.000 Menschen, die letztes Jahr illegal die nordamerikanische Landgrenze überquert haben, um in Kanada Asyl zu beantragen. Das sind deutlich mehr als noch im Jahr zuvor, als 4.300 Asylsuchende gezählt wurden. Besonders markant ist der Anstieg in den letzten Wochen und Monaten.

Über die ungesicherte Grenze

Allein an den Grenzen der überwiegend französischsprachigen Provinz Québec wurden seit der Wahl Trumps im November rund 1.400 illegale Flüchtlinge gezählt, so viele wie sonst in einem ganzen Jahr. Im Januar waren es dort 452 Personen, etwa dreimal so viele wie im gleichen Zeitraum 2016.

In Kanada hat das eine Debatte über das bestehende Asylabkommen mit den USA ausgelöst. Darin hatten beide Länder 2004 vereinbart, sich gegenseitig als sicheres Drittland zu behandeln. Dies führt dazu, dass Flüchtlinge zurückgeschickt werden, wenn sie legal vom einen ins andere Land kommen. Vielen bleibt daher nur der Weg der illegalen Einreise über die in weiten Teilen ungesicherte Grenze, die sich über knapp 9.000 Kilometer erstreckt.

Hilfsorganisationen und die Opposition in Ottawa wollen das Abkommen aussetzen, um die Gesundheit der Flüchtlinge – die meisten stammen aus Afrika – nicht weiter zu gefährden. Die Regierung von Premier Justin Trudeau lehnt das bislang ab und betont, man wolle die Situation zunächst weiter beobachten. Zugleich betonte Trudeau allerdings auch, grundsätzlich an der Politik der offenen Türen Kanadas festhalten zu wollen.

Nach kanadischem Recht haben auch illegal ins Land kommende Menschen ein Recht auf Asyl, wenn sie Fluchtgründe wie Verfolgung oder Folter nachweisen können. Spätestens 45 Tage nach ihrer Ankunft muss es dazu eine Anhörung geben. Im Jahr 2015 waren rund zwei Drittel aller Flüchtlinge, die nach Kanada kamen, mit ihrem Antrag erfolgreich.

Viele Gemeinden in den besonders betroffenen Grenzregionen in Québec und Manitoba sind mit der steigenden Zahl von Ankommenden allerdings überlastet, weswegen die Regierung zusätzliche Gelder für Aufnahmezentren, Wohnraum und Integrationshilfen bereitgestellt hat. Der Polizei in den betroffenen Regionen wurden mehr Beamte zugeteilt. Viele wurden direkt an der Grenze stationiert, damit sie die Flüchtlinge in Empfang nehmen und vor der Kälte bewahren können.

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