Flucht aus der Armut Haitis: Odyssee durch die Karibik

Immer öfter versuchen Haitianer übers Meer das zu den USA gehörende Puerto Rico zu erreichen. Und immer öfter endet die Reise tödlich.

Über 100 Haitianer auf einem Boot in der Nähe der Bahamas, Ende November. Bild: reuters

SANTO DOMINGO taz | 16 haitianische Männer und eine Frau hat die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP) in der vergangenen Woche festgenommen. Sie waren auf der kleinen, unbewohnten Insel Mona, die zu Puerto Rico gehört, von Fischern ausgesetzt worden, die sie eigentlich auf die mit den USA assoziierte Karibikinsel bringen sollten. Sie liegt noch 61 Kilometer westlich von der Hauptinsel.

In den letzten vier Wochen hat die US-Küsten- und Grenzwache rund 50 illegale Einwanderer aus Haiti festgenommen. „Die Zahl steigt“, sagte Regional-Chef der CBP, Ramiro Cerrillo, der puerto-ricanischen Tageszeitung El Nuevo Dia. „Den Kanal der Mona zu durchqueren ist lebensgefährlich und ein großes Risiko für Migranten.“ Und immer wieder tötlich.

Bereits zum Jahresende hat die Küstenwache der viertgrößten Karibikinsel am Strand Carmelitas auf dem Mona-Eiland elf „Haitianos“ und einen Kubaner aufgegriffen, nachdem sie vom Bootsführer und seiner Mannschaft gezwungen worden waren, über Bord zu springen. Ein weiteres Mitglied der Gruppe ertrank in den Fluten. Auch zwei Haitianer einer Zwölfergruppe überlebten die Reise nicht, als ihr Boot knapp sieben Kilometer westlich der Insel sank.

Ausgelöst wird der Anstieg der illegalen Überquerungen der Meerenge, die die Dominikanische Republik und Puerto Rico trennt, durch das Wetter. In der Wintersaison gibt es keine großen Stürme, die die Reise noch gefährlicher machen könnte.

Am 22. Juli endet der US-Abschiebeschutz

Grafik: Infotext/U. Dores

Vor allem aber: Am 22. Juli endet der von US-Präsident Barack Obama erlassene „Temporary Protected Status“ (TPS), der papierlose Haitianer seit dem schweren Erdbeben vom Januar 2010 vor Abschiebung schützt. Viele Haitianer, die sich auf die gefährliche Reise begeben, hoffen in Unkenntnis der Details der Regelung, die für sie nicht gelten, wenigstens eine Zeitlang in den USA Aufnahme und Arbeit zu finden.

Die Verarmung der haitianischen Bevölkerung nimmt zu. Vier von fünf HaitianerInnen leben mit statistisch gerade mal zwei US-Dollar pro Tag am Rande des Existenzminimums. „Überall ist es besser als hier“, hört man immer wieder.

Bei ihrer Odyssee durch die Karibik haben es einige der Haitianer auf selbstgebauten Booten sogar bis Brasilien geschafft, auch in Jamaika und den französischen Antillen mit den Inseln Guadeloupe, Martinique und Saint Martin wurden Boatpeople aufgegriffen. Viele werden interniert und relativ schnell wieder abgeschoben.In den haitianischen Medien nehmen die Meldungen von festgenommenen Papierlosen wenig Raum ein - die Berichte über jene, die in den letzten Monaten auf der Reise den Tod fanden, auch nicht.

Ende November starben vor der Küste der Bahamas, fast 550 Seemeilen von Haiti entfernt, 49 von 150 Papierlosen. Von einer sinkenden Barkasse konnten nur einen Tag später 56 Passagiere gerettet werden. Ende Dezember ertranken 17 der 33 Haitianer, deren Boot vor den Küsten der zu Großbritannien gehörenden InselnTurks and Caicos strandeten.

Wichtigstes Durchgangsland für die Menschen aus Haiti ist aber die Dominikanische Republik, in der viele Arbeit finden, bevor sie versuchen, in die USA zu kommen. Im vergangenen Jahr wurden hier 205 Schiffe beschlagnahmt und 2.583 Personen festgenommen. Die Mehrzahl waren Ausländer: Sieben Brasilianer, 107 Kubaner und 1.410 „Haitianos“.

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