Flüchtlinge in Österreich: Weder Asyl noch Ausbildung

In Österreich dürfen Geflüchtete in Mangelberufen eine Lehre machen, auch wenn ihr Asylverfahren noch läuft. Das will die Regierung nun ändern.

Jemand steht hinter einem roten Brett, auf dem drei Stücke Fleisch liegen

Flüchtlinge dürfen keine Lehre mehr machen, doch in der Gastronomie wird dringend Nachwuchs gesucht Foto: dpa

WIEN taz | „Unsinnig und bösartig“, so bezeichnet SPÖ-Chef Christian Kern die jüngste Entscheidung der österreichischen Regierung. Seit Wochen entzweit die Frage das Land, ob Asylbewerber, die sich in Ausbildung befinden, abgeschoben werden dürfen. Wirtschaftstreibende und selbst Politiker der regierenden ÖVP hatten an die Regierung appelliert, eine Lösung zu finden für die rund 900 Auszubildenden, die einen negativen Asylbescheid bekommen haben. Zuletzt sprach sich auch Brigitte Bierlein, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, für eine rechtlich saubere Regelung aus.

Die wird es jetzt geben – allerdings wohl nicht so, wie Bierlein sich das vorgestellt hat. Asylbewerber, die oft jahrelang auf ihren Bescheid warten müssen, sollen künftig überhaupt keine Lehre mehr antreten dürfen. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erklärte im Privatsender oe24.tv, den „falschen Erlass von damals“ werde man zurücknehmen.

Der Erlass aus dem Jahr 2012 gab Flüchtlingen unter 25 Jahren die Möglichkeit, in „Mangelberufen“, für die sich keine arbeitsberechtigten Personen interessieren, eine Lehre zu absolvieren. Zu den Mangelberufen zählen Tischler und Elektrotechniker, vor allem aber Tätigkeiten in der Gastronomie wie Koch. Viele derer, die daraufhin eine Lehre begannen, haben mittlerweile einen negativen Asylbescheid bekommen. Einige wurden von der Werkbank weg in Schubhaft genommen und abgeschoben.

Das finden viele aus humanitären Gründen unerträglich. Aber auch Wirtschaftstreibende, denen jetzt fertig ausgebildete Arbeitskräfte weggenommen werden, toben. Einer von ihnen ist der Hotelier Sepp Schellhorn, Abgeordneter der liberalen Partei Neos. Für ihn beweist die neueste Verschärfung, „dass die Regierung kein Herz und kein Hirn hat“. 17.800 offenen Lehrstellen stünden nur 9.200 Lehrstellensuchende gegenüber, sagt er.

Rot-Weiß-Rot-Karte floppt

Rudi Anschober, grüner Landesrat aus Oberösterreich, der eine erfolgreiche Unterschriftenaktion gegen die Abschiebung von Lehrlingen initiiert hat, spricht von der „Zerstörung der letzten Integrationschance“.

Die Hauruck-Aktion der Regierung wurde weder mit den kritischen Landeshauptleuten noch mit der Wirtschaft abgesprochen. Man wolle jetzt über die Rot-Weiß-Rot-Karte eine eigene Aufenthaltsbewilligung für potentielle Lehrlinge aus Drittstaaten schaffen, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) im Mittagsjournal Ö1. Details blieb sie schuldig.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte, die Spitzenarbeitskräfte ins Land locken sollte, ist ein Flop. Übermäßig bürokratisch und an kaum erfüllbare Bedingungen wie ein hohes Bruttoeinkommen geknüpft, wurde sie bisher kaum wahrgenommen.

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