Flüchtlingsprotest in Berlin: Ein Polizeieinsatz rückt näher

Nicht alle Besetzer des Oranienplatzes wollen der Einigung mit dem Senat zustimmen. Der Innensenator droht daher wieder mit Räumung.

Aufbau oder Abbau? Noch ist die Zukunft des Camps am Oranienplatz ungewiss

BERLIN taz | Einen Tag nachdem der Berliner Senat eine Lösung für den besetzten Oranienplatz verkündete, herrscht Unklarheit, wie viele Flüchtlinge der Einigung zustimmen werden. Adam, einer der Verhandler der Flüchtlinge, sagte der taz: „Die Leute können keinem Ergebnis zustimmen, das ihnen nicht weiterhilft.“ Auf einer Pressekonferenz des Runden Tischs gerieten Befürworter und Gegner der Einigung am Mittwoch aneinander.

„Das Camp wird bestehen, bis Senatorin Kolat wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrt“, erklärte Hakim Bello. Bashir Zakarjan hingegen bedankte sich, dass Berlin „uns unterstützen will, die wir aus Libyen über Lampedusa nach Europa kamen“. Nach seiner Schätzung würden 80 Prozent der rund 470 Flüchtlinge das Angebot annehmen.

Am Dienstag hatten Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, Innensenator Frank Henkel (CDU), Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) und die Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) verkündet, der seit eineinhalb Jahren besetzte Oranienplatz in Kreuzberg werde von den Flüchtlingen geräumt. Im Gegenzug wurde ihnen „eine umfassende Prüfung der Einzelfälle im Rahmen aller rechtlichen Möglichkeiten“ zusichert.

Der Berliner Flüchtlingsrat kritisierte das Papier am Mittwoch als „Scheinlösung“. Dem überwiegenden Teil der Flüchtlinge bringe es gar nichts. So interpretierte es auch Delegationsteilnehmer Adam: „Nur die kleine Gruppe der Leute, die aus Italien kommen und noch nicht in Deutschland registriert sind, können jetzt hier Aufenthalt beantragen.“ Die meisten Flüchtlinge gingen dagegen leer aus.

Dazu gehöre etwa eine große Gruppe, die den Protest im Sommer 2012 nach Berlin getragen hatte und die in anderen Bundesländern registriert seien. Zudem gebe es einige, denen nun die Abschiebung in andere EU-Länder drohe. Der Sprecher von Senatorin Kolat, Mathias Gille, wies die Kritik zurück. Es gebe nur eine kleine Gruppe, die von der Einigung nicht profitierten. Allerdings sei immer klar gewesen, dass „es einen rechtlichen Rahmen gibt, über den wir nicht hinausgehen können“.

Caritas will weiterreden

Doch auch die kirchlichen Vertreter von Caritas und Diakonie, die den Runden Tisch für Flüchtlingsfragen leiten, forderten eine Fortsetzung der Gespräche. „Wir begrüßen, dass der Senat den Flüchtlingen die Hand gereicht hat“, erklärte Caritas-Direktorin Ulrike Koska. „Aber es waren noch nicht alle Hände. Ein Teil der Flüchtlinge wird von dem Vertrag mit dem Senat nicht profitieren.“

Wie groß dieser Teil ist, könne im Moment niemand sagen. Auch Bezirksbürgermeisterin Herrmann forderte trotz Lob für Kolat Nachverhandlungen für die Flüchtlinge, die von dem Angebot nichts haben. „Das Paket ist noch nicht fertig.“

Innensenator Frank Henkel drohte am Mittwoch mit einem Polizeieinsatz, sollten die Flüchtlinge den Platz nicht bald räumen. Der taz sagte er: „Außer einer freiwilligen Räumung oder einer Zwangsräumung fallen mir keine anderen Optionen ein.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.