Frankreich wählt Nationalversammlung: Durchbruch für die Rechte

Erstmals könnte der rechtsextreme Front National am Sonntag in die französische Nationalversammlung einziehen. Die Sozialisten könnten dennoch die absolute Mehrheit erringen.

Marine Le Pen hat den Front National in Frankreich salonfähig gemacht. Bild: reuters

PARIS taz | Der zweite Wahlgang zur französischen Nationalversammlung sollte für den neuen Präsidenten François Hollande nach der günstigen Ausgangslage am letzten Sonntag fast zu einer Formsache werden. Zwar wurden dabei nur wenige Angeordnete gleich auf Anhieb gewählt, doch eine linke Mehrheit dürfte problemlos zustande kommen. Sogar eine absolute Mehrheit für Hollandes Sozialisten ist möglich.

Dass dennoch plötzlich Hektik und Spannung aufgekommen ist, verdankt Hollande indirekt seiner Partnerin Valérie Trierweiler. Sie hat sich ohne Rücksicht auf die sonst übliche Diskretion einer First Lady in politischen Fragen in den Wahlkampf eingemischt und per Twitter ausgerechnet einen sozialistischen Kandidaten in La Rochelle unterstützt, der gegen den Willen der Partei an seiner Kandidatur für die Stichwahl festhält.

Und pikanterweise ist dessen Konkurrentin niemand anderes als Hollandes Exgefährtin Ségolène Royal. Dieser Schienbeintritt per Internet wird in Medien als peinlich kritisiert. Die Rivalität der beiden Frauen wird sogar zur Staatsaffäre.

Die oppositionelle UMP wälzt sich vor Schadenfreude. In La Rochelle ruft die bürgerliche Rechte ihre Wähler auf, für den „dissidenten“ Sozialisten Olivier Falorni zu stimmen, um so Royal zu Fall zu bringen. Diese Rechnung dürfte aufgehen. Einer Umfrage zufolge liegt Royal klar hinter dem Dissidenten Falorni.

FN auf dem Vormarsch

Weit weniger anekdotisch ist der Durchbruch, der sich für den Front National abzeichnet. Erstmals seit 15 Jahren hat die rechtsextreme Partei trotz des Mehrheitswahlrechts Aussicht auf ein bis sieben Sitze in den 60 Wahlkreisen, wo ihre Kandidaten zur zweiten Runde antreten können. Es ist deutlich geworden, dass der „Cordon sanitaire“, der die konservative UMP von der xenophoben Partei von Marine Le Pen trennte, gerissen ist.

Die UMP-Führung kann nicht verhindern, dass Teile ihrer Basis in Wahlduellen zwischen FN und der Linken den Rechtsextremen den Vorzug geben oder Wahlallianzen zwischen der UMP und dem FN befürworten – was UMP-Chef Jean-François Copé offiziell empört ablehnt. Andere wie die ehemalige konservative Ministerin Nadine Morano haben da weit weniger Skrupel.

Im rechtsextremen Hetzblatt Minute fordert sie explizit die FN-Wähler unter Berufung auf angebliche „gemeinsame Werte“ auf, sie in Lothringen in ihrem schwierigen Wahlkampf gegen einen Sozialisten zu retten. In Saintes-Maries-de-la-Mer wiederum hat sich ein UMP-Kandidat zurückgezogen, um öffentlich eine FN-Politikerin zu unterstützen.

Die FN-Chefin Marine Le Pen setzt vor allem die UMP, aber auch den Parti Socialiste mit einer „schwarzen Liste“ unter Druck. Wer sich dem FN gegenüber eher entgegenkommend gezeigt hat, darf mit Unterstützung rechnen. Die anderen werden zum (elektoralen) Abschuss frei gegeben. Nicht zuletzt will Marine Le Pen in Nordfrankreich selbst auch in die Nationalversammlung gewählt werden. Sie ist mit 42 Prozent aus dem ersten Durchgang Favoritin, hat aber mit dem Sozialisten Philippe Kemel eine „Front“ von Linksparteien und Grünen gegen sich.

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