Frankreichs Innenminister will abdanken: Macron lehnt Rücktritt ab

Macht sich in Frankreichs Staatsspitze Skepsis breit? Das Hin und Her um den Vertrauten des französischen Präsidenten nährt diesen Eindruck.

Frankreichs Innenminister Collomb verlässt den Elysée-Palast nach einem Regierungstreffen

Collomb will eigentlich als Innenminister abdanken – und zurück nach Lyon gehen Foto: reuters

PARIS taz | Frankreichs Innenminister Gérard Collomb hat am Montagabend seinen Rücktritt angeboten. Staatspräsident Emmanuel Macron lehnte diesen sogleich ab. Er hat seinem für die innere Sicherheit verantwortlichen Minister sein Vertrauen ausgesprochen und ihn aufgefordert, bis auf Weiteres den Posten zu halten.

Das Hin und Her um einen eventuellen Abgang eines weiteren Getreuen aus Macrons Regierung nach dem Rücktritt des populären Ministers für Umwelt und Klimawandel, Nicolas Hulot, hat den Eindruck verstärkt, dass sich an der Staatsspitze in Macrons politischer Patchwork-Familie Skepsis, Zweifel und auch persönliche Frustrationen breit machen.

Collomb hatte vor Kurzem angekündigt, er wolle bei den Kommunalwahlen von 2020 antreten und dann wieder wie vor seinem Regierungseintritt Bürgermeister von Lyon werden. Diese Kandidatur aber mache es ihm früher oder später unmöglich, seine Regierungstätigkeit unangefochten fortzusetzen.

Die Lust auf eine Rückkehr in seine lokale Bastion Lyon ist das eine – nur hat Collomb seine kommunalpolitischen Ambitionen mit einer unverhohlenen Kritik an Macron verbunden. Dem Staatschef „mangelt es an Demut“, sagte der Innenminister im kleinen Kreis. Bei einem Treffen mit Medienleuten zog er nach: „Wir Provinzler gehen davon aus, dass die Pariser überheblich und snobistisch sind. Und mit Begriffen wie ‚neue Grammatik der Politik‘ oder ‚Start-up-Nation‘ können wir uns nicht anfreunden.“

Kritik am Beraterjargon im Elysée

Gemeint war mit diesem Seitenhieb auf den im Elysée-Palast gängigen Beraterjargon auch der Präsident selbst. Laut Collomb hat Macron zudem ein echtes Kontaktproblem: „Nicht mehr viele von uns können noch mit ihm reden. (…) Wenn aber alle vor ihm auf die Knie gehen, wird er sich isolieren.“

Collombs Darstellung zufolge soll das ein freundschaftlicher Rat gewesen sein. Wer, wenn nicht der treue Collomb, der den jungen Präsidentschaftskandidaten als Einer der Allerersten in seinen Plänen unterstützt hatte, könnte sich das sonst erlauben? Die Medien aber haben diese Äußerungen als Zeichen eines Unbehagens interpretiert.

In den Umfragen ist Macron seit dem Sommer steil abgestürzt, weniger als 30 Prozent seiner Landsleute haben noch eine positive Meinung von ihm. Deshalb gibt es auch Spekulationen, dass Collomb mit diesem Wissen lieber auf das Rathaus von Lyon setzt als auf einen unsicheren Ministerposten.

Dass der Noch-Innenminister diesen persönlichen Plänen den Vorrang einräumt, hat einen anderen Macron-Freund verärgert. Mit seinen 71 Jahren habe Collomb, „das Recht in Rente zu gehen, um sich um seine Enkel kümmern und von den guten Lyoner Restaurants profitieren“, meinte am Montag ziemlich ungehalten der frühere grüne EU-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit. Er wirft dem Möchtegern-Deserteur vor, er betrachte „Lyon als sein Privateigentum“.

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