Frauenförderprojekte auf der Kippe: Uni Bremen spart bei Frauenförderung

Zwei Mitarbeiterinnen von Frauenförderprojekten an der Uni Bremen müssen bereits Ende Mai gehen. Es regt sich Protest.

In der Uni Bremen werden Frauen bisweilen an den Rand gedrängt Bild: dpa

Protest und Entrüstung an der Uni Bremen. Seit Wochen kursieren Unterschriftenlisten, Solidaritätsnoten und Resolutionen: Ausgerechnet im Bereich der Frauenförderung stehen Kürzungen an. Bei mehreren Mitarbeiterinnen in der Arbeitsstelle Chancengleichheit sollen die Arbeitsverträge nicht verlängert werden. Auf den Solidaritäts-Listen stehen „Perspektive Promotion“, das „Schreiblabor“, „Plan m“, „Enter Science“ oder das „MINT-Programm“ – alles Projekte, die sich der Förderung und Betreuung weiblicher Promovendinnen verschrieben haben oder Studentinnen mit Migrationshintergrund unterstützten.

Noch wird verhandelt, manches ist unklar. Sicher aber ist: Betroffen sind ausschließlich Frauen, teilweise mit Kindern, teilweise alleinerziehend. Jene, die sich einer Verstetigung wissenschaftlicher Karrieren für Frauen verschrieben haben, werden nun selbst Opfer unsicherer Arbeitsverhältnisse. Als erstes laufen Ende Mai zwei Stellen des Projektes „Perspektive Promotion“ aus, das sich speziell an Doktorandinnen in der Geistes und Sozialwissenschaft richtet.

„Ohne das Programm wäre ich heute nicht mehr Doktorandin“, sagt die 33-jährige Gesa Mann. Regelmäßig habe sie sich über das Projekt in einer Kleingruppe getroffen, eine der Leiterinnen würde beratend zur Seite stehen, sei immer ansprechbar. „Dadurch, dass man nur unter Frauen ist, bleibt es nicht bei reinen Schreibübungen“, sagt sie.

Themen kämen auf den Tisch, die sonst nicht angesprochen würden: Etwa der Druck, sich als Frau in der Wissenschaft zu verkaufen und gegen die männlichen Kollegen durchsetzen zu müssen. Zu den beiden Mitarbeiterinnen des Projektes habe sich ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut, sie hätten das Projekt vier Jahre lang aufgebaut und viel Erfahrung. Was nun ab Juni passiere, „das weiß keiner“, so Mann.

Frauenanteil unter Profs: 19 Prozent

Hintergrund ist das Auslaufen der Finanzierung durch das sogenannte Professorinnen-Programm von Bund und Ländern, über das einige Projekte finanziert wurden. Seit 2007 wurden mit 150 Millionen Euro über eine Laufzeit von fünf Jahren die Neuberufungen von Professorinnen an den Universitäten gefördert. Denn der Frauenanteil unter den Professorinnen hat sich zwar erhöht, liegt aber bundesweit immer noch bei nur etwa 19 Prozent. Laut Bundeswissenschaftsministerium gibt es nach wie vor einen Bruch: Während der Frauenanteil bei den Promotionen 2011 bei 44,9 Prozent gelegen habe, seien es bei den Habilitationen nur noch rund 25,5 Prozent. Bremen liegt sogar noch ein wenig darunter.

Doch in der kommenden Förderperiode des „Professorinnenprogramms II“ wird die Uni Bremen weniger Geld bekommen. In Zeiten eines Sparhaushaltes ist Umschichten angesagt. Zumindest die über das Programm finanzierte Stelle der bekannten Frauen-Sommeruni „Informatica feminale“ scheint mittlerweile gesichert. Doch es besteht ein weiteres Problem: Die Uni scheut sich, bislang befristete Mitarbeiterinnen noch mal zu befristen – sie scheut feste Stellen. Für die beiden Mitarbeiterinnen bei „Perspektive Promotion“ ist deshalb klar, dass sie gehen werden müssen.

Dabei wurde die Uni Bremen für ihre Gleichstellungs-Politik vielfach gelobt, Chancengleichheit steht in ihren Leitzielen. Auch der Wissenschaftsplan 2020 legt „Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit“ als „zentrale Zielsetzungen der Bremer Wissenschaftspolitik“ fest. Das Land erwarte von den Hochschulen „eine aktive Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen für Führungspositionen“, heißt es darin.

"Frauenförderung ist kein Projekt"

Die GEW wandte sich deshalb bereit im März an die Wissenschaftssenatorin. Dass die Stellen befristet sind, sei eins der grundsätzlichen Probleme, so die GEW-Hochschulreferentin Inge Kleemann zur taz: „Frauenförderung ist kein Projekt.“

Auch der Bremer Frauenausschuss etwa fordert die Entfristung der Stellen, das autonome feministische Referat des Astas bescheinigt der Uni „Worthülsen“: Dass die Uni die genannten Projekte aber anscheinend nicht weiterführen wolle, zeige ihre „Prioritätensetzung“. „Sparen ist wichtiger als Diversity Projekte und einem transparenten Umgang mit den Mitarbeiter_innen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Uni-Sprecher Eberhard Scholz hingegen sagte zur taz: Frauenförderprojekte hätten nach wie vor einen „extrem hohen Stellenwert“ und stünden „grundsätzliche nicht infrage“. Aber: Angesichts der „angespannten Haushaltslage“ stünden einzelne Projekte auf dem Prüfstand.

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