Frauentag in Berlin: „Take back the night“

250 Heteras, Lesben, Trans- und Intersexuelle ziehen am Vorabend des Frauentags zur Bibliothek des Konservatismus.

Gesehen auf einer der vielen bundesweiten Demonstrationen zum Frauentag Foto: dpa

Den Gästen im Hotel Savoy blieb der Löffel im Munde stecken. „Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat!“ hallte es von draußen, als ungefähr 250 FLTI* (Frauen, Lesben, Trans- und Intersexuelle) an dem mit Kronleuchtern behangenen Speisesaal vorbeizogen.

Ziel des Straßenzugs, der am Vorabend des Frauentags stattfand, war die nur wenige Hausnummern weiter gelegene Bibliothek des Konservatismus, die laut Betreiberinnen Denkfabrik und Ideenschmiede sein soll. Ein klarer Etikettenschwindel, denn Neues wird dort nicht gedacht. Der Ort dient der Bündelung sämtlicher reaktionärer Meinungen, die seit geraumer Zeit wieder en vogue sind. Sogenannte Lebensschützerinnen, Islamgegnerinnen, EU-Kritikerinnen und Antifeministinnen wie Beatrix von Storch, Frauke Petry und Eva Herman finden dort Obdach.

Unter dem Motto „Take back the night“ hatten sich Aktivistinnen Donnerstagabend am Stuttgarter Platz getroffen, um gemeinsam durch Charlottenburg zu ziehen und gegen den Vernetzungsort der Neuen Rechten ein Zeichen zu setzen. Gerechnet worden war zunächst nur mit 50 bis 100 Teilnehmerinnen, da der Bezirk Charlottenburg nicht zum Habitat der meisten Demonstrantinnen zählt. Umso mehr freuten sich die Veranstalterinnen, dass deutlich mehr Teilnehmerinnen – begleitet von acht Polizeibussen – lärmend über den Kurfürstendamm zogen.

Für die Zuschauerinnen war die Aktion nicht minder exotisch. Vom Gehweg und aus Fenstern wurden die Handykameras auf den Demonstrationszug gehalten, viele traten extra vor die Tür der Cafés und Feinkostläden, um sich das Spektakel ansehen zu können. Auf dem Ku’damm wurden die Parolen der Feministinnen mit Hupkonzerten der im Stau stehenden Autos erwidert – die Frauen deuteten das einfach mal als Zustimmung, schließlich sollte ja Krach gemacht werden.

Am Zielort trafen die Demonstrantinnen hingegen auf trotzige Stille. Die Fenster blieben dunkel, niemand ließ sich blicken. Unbeeindruckt zogen die Rednerinnen ihr Programm durch und forderten die Rechten auf, endlich unter der „Bettdecke ihrer Heteronormativität“ hervorzukriechen. Zum Schluss wurde die Bibliothek mit dem Song „Fuck You“ von Lily Allen beschallt, die damit schon vor zehn Jahren gegen die „tiny minds“ der Rechten ansang.

Die Polizei kritisierte übrigens den Ausschluss von Cis-Männern bei der Demonstration. Niemand dürfe ferngehalten oder diskriminiert werden. Viele Aktivistinnen zogen daraufhin skeptisch die Augenbrauen hoch.

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Dieser Text ist Teil der Sonderausgabe zum feministischen Kampftag am 8. März 2024, in der wir uns mit den Themen Schönheit und Selbstbestimmung beschäftigen. Weitere Texte finden Sie hier in unserem Schwerpunkt Feministischer Kapmpftag.

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