Friedensgespräche für Syrien: Die Opposition zieht sich zurück

Die Rebellen protestieren mit dem Abbruch der Verhandlungen gegen die andauernden Kämpfe. Putin und Obama wollen sich für die Waffenruhe einsetzen.

Staffan de Mistura steht hinter einem Mikrofon und hebt die Hände

Staffan de Mistura konnte nicht dagegen tun, die Opposition hat sich verabschiedet Foto: ap

GENF/MOSKAU afp | Aus Protest gegen die erneuten Kämpfe in Syrien und die stockenden Friedensgespräche zieht sich die Opposition teilweise aus den Verhandlungen in Genf zurück. Die Oppositionsführer verschoben am Montag ihre „formelle“ Beteiligung, bis Damaskus seine echte Bereitschaft zu einem politischen Neustart unter Beweis stelle. Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Barack Obama wollen sich für die Einhaltung der Waffenruhe in Syrien einsetzen.

Es sei „nicht hinnehmbar“, die am vergangenen Mittwoch begonnenen Verhandlungen fortzusetzen, während die Regierung von Präsident Baschar al-Assad „weiter Zivilisten bombardiert und aushungert“, sagte der Koordinator des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) der Opposition, Riad Hidschab, in Genf.

Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura erklärte nach den Beratungen mit der Opposition, das HNC habe seine „formelle“ Beteiligung an den Friedensgesprächen ausgesetzt, es könne aber Gespräche auf technischer Ebene geben. Die HNC-Delegation werde noch nicht abreisen, auch wenn einige Mitglieder auf einen kompletten Gesprächsabbruch drängten, sagte ein HNC-Mitglied der Nachrichtenagentur AFP.

Das Komitee fordert die Bildung einer Übergangsregierung ohne Assad. Dessen Vertreter sind zu einer Koalitionsregierung bereit, halten die Zukunft Assads aber für „nicht verhandelbar“.

Die Gewalt nimmt zu

Parallel zu der Blockade in Genf nimmt die Gewalt in Syrien stetig zu. Mehrere vorwiegend islamistische Rebellengruppen kündigten am Montag eine neue Offensive gegen die Assad-Truppen an, weil diese die Waffenruhe von Ende Februar nicht mehr respektierten. „Nach der Zunahme der Verstöße durch Regierungskräfte, darunter die gezielte Vertreibung von Menschen und die anhaltende Bombardierung von Wohnvierteln, rufen wir den Beginn der Schlacht aus“, erklärten zehn Rebellengruppen gemeinsam.

Zu den Unterzeichnern gehören die mächtigen Organisationen Dschaisch al-Islam und Ahrar al-Scham, die bei Damaskus und in der Provinz Aleppo stark sind. Dschaisch al-Islam wird von Mohammed Allusch geführt, dem Chefunterhändler der Opposition in Genf. Ein Sprecher von Dschaisch al-Islam sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Offensive betreffe die Provinz Latakia und habe bereits begonnen.

In der vergangenen Woche waren die Regierungstruppen mit Hilfe russischer Kampfflugzeuge an mehreren Fronten in Aleppo vorgestoßen. In der seit fast vier Jahren zwischen Regierung und Rebellen geteilten Stadt gab es auch am Montag Kämpfe mit mehreren Toten, darunter zahlreiche Zivilisten.

Enge Zusammenarbeit vereinbart

Wie der Kreml am Montagabend mitteilte, sprachen Putin und Obama in einem Telefonat „detailliert“ über den Syrien-Konflikt. Sie hätten ihren Willen bekräftigt, sich für die Einhaltung der am 27. Februar in Kraft getretenen Waffenruhe und für den Zugang humanitärer Hilfe einzusetzen. Putin habe zudem die „moderaten“ Rebellen aufgerufen, sich von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und der Al-Nusra-Front abzugrenzen, erklärte der Kreml. Außerdem habe er die Schließung der Grenze zwischen der Türkei und Syrien gefordert, über die „Waffen für Extremisten“ nach Syrien gelangten.

Den Angaben zufolge betonten Obama und Putin die Wichtigkeit der Friedensverhandlungen in Genf. Sie hätten eine engere Zusammenarbeit zwischen den russischen und den US-Sicherheitsbehörden und den Verteidigungsministerien beider Länder beim Thema Syrien vereinbart.

Das Weiße Haus erklärte mit Blick auf die brüchige Waffenruhe, Obama habe Putin erneut aufgefordert, seinen Einfluss auf Assad geltend zu machen, damit dieser sich an die Vereinbarungen halte. Russland ist ein Verbündeter Assads und unterstützt ihn militärisch.

Wegen der neuen Kämpfe sitzen nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen inzwischen mehr als 100.000 Flüchtlinge im Grenzgebiet zur Türkei fest. Auch an der Grenze zu Jordanien stecken inzwischen zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge fest. „Informationsminister Mohammed Momani schätzt die Zahl der im Niemandsland blockierten Menschen auf rund 50.000“, berichtete die amtliche jordanische Nachrichtenagentur Petra.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.