Führungskräfte und Elternzeit: Zeit für Kinder darf nicht schaden

Eine Berliner Beamtin wurde befördert und ging in Elternzeit. Danach war die Stelle vergeben. Nun gewinnt die Frau vorm Europäischen Gerichtshof.

Eine schwangere Frau hält ihre Hände auf ihren Babybauch

Ist das ein Problem? Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Wer sich als Führungskraft während der Probezeit in Elternzeit begibt, darf dadurch keine beruflichen Nachteile erleiden. Das hat jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Fall einer Berliner Beamtin entschieden.

Konkret geht es um den Fall von Frau H., die bis 2011 in der Besoldungsstufe A16 in der Berliner Senatsverwaltung tätig war. Aufgrund eines Auswahlverfahrens wurde sie dann auf eine Stelle als Senatsrätin mit der Besoldungsstufe B2 berufen. Diese Führungsposition war laut Berliner Beamtengesetz allerdings daran gebunden, dass sie erfolgreich eine zweijährige Probezeit absolviert.

Nun wurde Frau H. allerdings vor Beginn der Probezeit schwanger. Sie fehlte zunächst wegen einer schwangerschaftsbedingten Krankheit, dann wegen Mutterschaftsurlaub und nahm anschließend bis 2015 eine mehrfach verlängerte Elternzeit. Als sie zurückkam, war die Stelle, für die sie sich erproben sollte, mit einem anderen Beamten besetzt worden.

Ein erfolgreicher Abschluss ihrer Probezeit habe nicht festgestellt werden können, so die Senatsverwaltung, da sie das Amt „nicht wahrgenommen“ habe. Frau H. wurde wieder der alte Dienstposten mit Besoldungsstue A16 zugewiesen. Der Senat berief sich auf das Berliner Beamtengesetz, wonach die Probezeit zwei Jahre beträgt und nicht verlängert werden kann.

Recht auf Elternzeit

Frau H. fühlte sich ungerecht behandelt und klagte beim Berliner Verwaltungsgericht, das den Fall dem EuGH vorlegte. Die Berliner Richter wollten wissen, wie die EU-Richtlinie über Elternurlaub von 2010 auszulegen ist. Diese Richtlinie soll sicherstellen, dass Eltern, die Elternzeit oder Elternurlaub nehmen, keine Nachteile erleiden. So soll die Chancengleichheit von Frauen und Männern, aber auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesichert werden. Die EU-Richtlinie sieht vor, dass ein Arbeitnehmer nach Ende der Elternzeit an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann oder – wenn dies unmöglich ist – einen „gleichwertigen“ Arbeitsplatz erhalten soll.

Der EuGH entschied nun, dass die Richtlinie, die keine Ausnahmen vorsieht, streng auszulegen ist und auch für die Probezeit einer Führungsposition gilt. Andernfalls würden Führungskräfte davon abgehalten, ihr Recht auf Elternzeit wahrzunehmen.

Die Position der Klägerin hätte freigehalten werden müssen, so die Richter

Das Land Berlin wäre daher verpflichtet gewesen, Frau H. eine Durchführung der Probezeit nach ihrer Elternzeit zu ermöglichen. Sie hätte die gleiche Probezeit erhalten müssen, wie wenn sie keinen Elternurlaub genommen hätte. Die Position, für die Frau H. ausgewählt wurde, hätte frei gehalten werden müssen oder nur vorübergehend mit einem anderen Beamten besetzt werden dürfen, so die Richter.

Wenn dies nicht (mehr) möglich ist, dann muss eine Beamtin wie Frau H. eine gleichwertige Position erhalten. Das heißt, sie muss eine andere Position mit der Besoldungsstufe B2 erhalten, in der sie ihre Probezeit fortsetzen kann. Ein neues Auswahlverfahren darf der Senat für diese Position nicht vorsehen, da zum einen nicht sichergestellt wäre, dass Frau H. erneut ausgewählt würde. Zum anderen müsse jede unnötige Verzögerung vermieden werden.

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