Führungslose Linkspartei: Das Gewicht der Westler

Wenn es um Parteitagsstimmen geht, zählt in der Linkspartei ein Westler rund ein Drittel mehr als ein Ostler. Das wird zu Wahlakrobatik beim Parteitag im Juni führen.

Wenn's doch so einfach wäre mit der Richtung. Bild: sinatra / photocase.com

BERLIN taz | Viel Zeit bleibt der Linkspartei nicht mehr. Bis zu ihrem nächsten Parteitag am 2. und 3. Juni in Göttingen müssen sich die BewerberInnen für den neuen Vorsitz zusammenraufen.

Nur so viel ist klar: Die Satzung der Partei schreibt eine Doppelspitze mit mindestens einer Frau vor. Alles andere – die Ost/West-Mischung sowie die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Strömungen – folgt parteiinternem Selbstverständnis.

Hintergrund ist die Idee aus dem Jahr 2007, West- und Ostlinke möglichst gleichberechtigt in der Führung vertreten zu sehen, nachdem sich die westdeutsche Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) und die ostdeutsche Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) zur Partei Die Linke zusammengeschlossen hatten.

Dieser Gedanke könnte nun dazu führen, dass die WunschkandidatInnen der Mehrheit aus dem Osten von ihren ParteifreundInnen aus dem Westen weggestimmt werden.

Der Partei gehören insgesamt 68.200 Mitglieder an. 41.484 von ihnen kommen aus den östlichen Bundesländern, 26.716 aus den westlichen. Damit die WASGler sich nicht machtlos gegenüber den etablierten Ostlern fühlen, beschloss man seinerzeit, dass ihre Stimmen etwa dreißig Prozent mehr Gewicht haben, wenn es um die Delegierten zu Parteitagen geht.

Damals dachten die GenossInnen, dass eine vereinte Linke im Westen Tausende Neumitglieder anziehen würde, vor allem enttäuschte SPD- und Grünen-Wähler.

Die Sache hat sich anders entwickelt. Und nun ist es so, dass es in Göttingen 153 Ossis für eine Parteitagsstimme braucht, aber bloß 117 Wessis. Ein Westler zählt also rund ein Drittel mehr als ein Ostler.

Diese Praxis könnte sich nun rächen. Wenn in Göttingen über die neue Führung abgestimmt wird, dürften nicht wenige ehemalige PDSler innerlich verfluchen, dass sie damals so entgegenkommend – im Grunde auch konfliktscheu – waren und den Neuen aus dem Westen großzügig die Macht angeboten haben.

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