Gabriel spricht nicht mit TTIP-Gegnern: „Reich und hysterisch“

Der SPD-Chef schimpft öffentlich über Campact – reden will er mit dem Protestnetzwerk nicht. Der Streit wird über Anzeigen ausgetragen.

Sigmar Gabriel spricht beim Tag der Deutschen Industrie.

Mit Beleidigungen versucht der SPD-Chef die TTIP-Gegner unglaubwürdig zu machen Foto: dpa

BERLIN taz | Schriftlich setzt sich Sigmar Gabriel mit den GegnerInnen des Freihandelsabkommens TTIP gern auseinander. „Bangemachen gilt nicht“, schrieb der Wirtschaftsminister und SPD-Chef Mitte Oktober zur großen Anti-TTIP-Demonstration in ganzseitigen Zeitungsanzeigen. Und er redet auch gern über die Kritiker des umstrittenen Abkommens zwischen der EU und den USA. Die seien „reich und hysterisch“, erklärte er etwa beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Sie verbreiteten „eine Kultur des Misstrauens“, hieß es in Gabriels Rede beim SPD-Parteikonvent. In einem Interview warf er ihnen „Antiaufklärung“ vor.

Mit seinen Kritikern sprechen will der SPD-Chef allerdings lieber nicht – zumindest nicht mit dem Aktionsnetzwerk Campact, das zu den Organisatoren der Großdemo gehörte.

Als Antwort auf Gabriels Anzeigen zur Demonstration hatte Campact wenige Tage später ebenfalls Anzeigen geschaltet – mit dem Vorwurf, Gabriel würde „Kritikpunkte umschiffen“ und streue der Öffentlichkeit „mit Halbwahrheiten Sand in die Augen“.

Um den Streit zu klären, forderte Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz den Minister in der Anzeige „zum öffentlichen Dialog auf – in jeder Halle, wo Sie wünschen, gerne live übertragen ins Internet“. Doch der Appell blieb ohne Antwort.

Auf taz-Anfrage erklärte das Ministerium, eine solche öffentliche Veranstaltung werde es nicht geben. Zur Begründung sagte Pressesprecher Tobias Dünow: „Dass Campact Sigmar Gabriel in der Anzeige vorwirft, er würde der Bevölkerung Sand in die Augen streuen, und zugleich zum Dialog aufruft, ist zumindest bemerkenswert.“

Die Abneigung besteht schon länger

Doch auch schon vor dem per Anzeige ausgetragenen Streit hegte Gabriel offenbar eine große Abneigung gegen Campact. Dem spendenfinanzierten Netzwerk, das seine 1,7 Millionen Unterstützer für Kampagnen zu unterschiedlichen Themen mobilisiert, hatte er bereits in der Vergangenheit „Verunglimpfungen“ vorgeworfen. Im Bundestag bezeichnete er Campact im Oktober als „Unternehmen“ und sagte: „Das ist ein Geschäftsmodell.“

Campact-Geschäftsführer Bautz findet es „überraschend und enttäuschend“, dass Gabriel eine öffentliche Debatte ablehnt. „Er ist doch sonst nicht auf den Mund gefallen“, sagte Bautz der taz. „Bei TTIP scheint er sich seiner Sache wohl doch nicht so sicher zu sein, sonst hätte er nicht gekniffen.“

Gabriels Ministerium betont dagegen, dass der Minister grundsätzlich dialogbereit sei. Als Beleg verweist man auf eine Debatte beim Kirchentag und auf eine Veranstaltung im Mai. Dabei saßen auf dem Podium drei TTIP-Befürworter – neben Gabriel der EU-Kommissar Karel De Gucht und der US-Verhandlungsführer Michael Froman. Kritiker saßen nur im Publikum und durften von dort aus einzelne Fragen stellen.

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