Gebrauchtwarenhandel „Recommerce“: Das Geschäft mit der Faulheit

Eine neue Branche vereinfacht den Verkauf von alter Elektronik und von Medien. Der Kunde spart sich die Mühe, selbst auf Ebay & Co tätig zu werden.

Wohin bloß mit all den alten Büchern? Der neue „recommerce“ verspricht eine schnelle Lösung. Bild: photocase / kaq

In Deutschlands Schubladen lagern erstmals mehr alte Handys, als die Bundesrepublik Einwohner hat. Nach einer Studie des Wirtschaftsverbandes Bitkom horteten die Deutschen bis Ende 2011 in ihren Haushalten 83 Millionen ungenutzte Mobiltelefone. Im Vorjahr lag die Zahl noch bei 72 Millionen.

Eine neue Internetbranche weckt nun die Hoffnung, dass der Trend zur Handy-Hamsterei gebrochen wird. Start-Ups wie „wirkaufens“ oder „flip4new“ kaufen die Alt-Elektronik auf ihren Webseiten im großen Stile an. Die Firmen recyceln die Geräte oder warten diese, um sie inklusive Garantie wieder zu verkaufen.

Im Zusammenhang mit dem neuen Ökotrend fällt in den USA vereinzelt das Schlagwort „Recommerce“: „Der Begriff spielt mit dem Wort E-Commerce. Der Recommerce ist eine neue Industrie, welche sich für die Wiederverwendung von Konsumgütern stark macht. Das 'Re' in Recommerce steht für reuse, für wiederbenutzen“, erklärt der Pressesprecher von „Gazelle“, dem US-Marktführer für den Gebrauchthandel mit Elektronik.

Unübersichtliche Branchenlandschaft

Die neue Branche stößt beim Handel mit alter Technik keinesfalls an ihre Grenzen. Weitere Unternehmen haben sich auf die Geschäftsfelder alte Bücher, DVDs, Videospiele und CDs spezialisiert. Im Netz gibt es dutzende Anbieter, die sich dem „Recommerce“ zuordnen lassen. Welche der vielen Firmen den Ton in der Industrie angeben, ist nicht ersichtlich. „Bei der Elektronik gehen wir davon aus, dass 'wirkaufens' und 'flip4you' die größten Anbieter sind. Bei den Büchern bewegt ‘Momox‘ die meiste Ware, bei Computerspielen ist 'Rebuy' die größte Nummer“, sagt Alexander Hüsing vom Branchenblog „deutsche-startups“.

Alle genannten Jungunternehmen wurden zwischen 2006 und 2009 gegründet. Mittlerweile ist der Handel mit der Gebrauchtware so wichtig, dass immer mehr Großkonzerne den Anschluss an die Branche suchen. So ging Ebay Deutschland im Juni 2011 eine Kooperation mit „flip4new“ ein und kümmert sich seitdem um den Verkauf der aufbereiteten Elektronik. Zwei Monate später startete Amazon Deutschland seinen "Trade-In"-Service.

Der Internetriese konzentriert sich auf den Erwerb einer kleinen Anzahl beliebter Computerspiele und Bücher. Kunden erhalten im Tausch für ihre Ware Gutscheine. Ebenfalls seit 2011 kooperiert Mediamarkt mit „rebuy“. „In 80 von 240 Läden gibt es Stände von Rebuy. Die Kunden erhalten für ihre Computerspiele, Handies, DVDs und CDs Mediamarkt-Gutscheine“, sagt eine Sprecherin der Elektronik-Kette.

Einfacher Verkaufsprozess, mittelmäßige Ankaufspreise

Ob „rebuy“, „momox“ oder „flip4new“, die Verkaufsprozedur im Netz funktioniert immer gleich. Der Verkäufer tippt in ein Suchfeld den Artikelnamen oder eine ISBN-Nummer ein. Daraufhin erscheint ein Ankaufspreis. Akzeptiert man diesen, muss die Ware nur noch per Post abgeschickt werden.

Einige Unternehmen übernehmen das Porto oder holen das Paket sogar an der Haustür ab. Nach einer Prüfung der Ware seitens der Firma trudelt das Geld beim Kunden ein. Die Beträge, welche die Kunden erhalten, sind meist allerdings nur einen Bruchteil dessen, was der Verkauf auf herkömmlichen Plattformen wie Ebay eingebracht hätte.

Die Vorteile gegenüber einem Verkauf auf Ebay & Co liegen auf der Hand: Langwierige Registrierungen, mühsame Beschreibungen der eigenen Artikel und das Warten auf das Auktionsende fallen weg. „Die Fähigkeit, 30 bis 50 Artikel binnen einer halben Stunde verkaufen zu können, macht die Firmen attraktiv“, meint Branchenexperte Alexander Hüsing. Die Ankaufspreise der Unternehmen varieren zum Teil stark.

Das Portal „werzahltmehr“ hilft dem Verkaufsinteressenten. Wer einen Artikelnamen auf der Seite eingibt, sieht auf eine Schlag, welches von insgesamt 27 geführten Unternehmen den besten Preis zahlen würde.

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