Geburten: Vertraulich: Vertrauliche Geburt

Seit zwei Wochen sollen Frauen anonym ein Kind im Krankenhaus bekommen können. Doch wer sich um dieses neue Verfahren kümmert, ist kaum bekannt.

Die vertrauliche Geburt soll Babyklappen überflüssig machen. Bild: dpa

BREMEN taz | Am 1. Mai ist das neue Bundesgesetz zur vertraulichen Geburt in Kraft getreten. Dieses soll die rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass Frauen anonym im Krankenhaus gebären und sich Adoptionseltern um das Neugeborene kümmern können.

Die zentrale Bedeutung kommt dabei den Schwangerenkonfliktberatungsstellen zu. Diese sollen über das Verfahren beraten und Kontakt halten zu den anderen Beteiligten: Jugendamt, Adoptionsstelle, Klinik. Und: Die Beratungsstelle kennt als einzige die Personalien der Schwangeren und leitet sie in einem verschlossenen Umschlag an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben weiter. Dieser Herkunftsnachweis soll das Recht das Kindes auf Kenntnis der eigenen Identität garantieren. Mit 16 Jahren kann es die Daten anfordern.

Weil es so selten vorkomme, dass eine Frau unter Wahrung ihrer Anonymität gebären möchte, habe sich Bremen anders als die Flächenländer dafür entschieden, nur einer einzigen Beratungsstelle diese Aufgabe zu übertragen, sagt der Sprecher von Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse (parteilos), Jens Schmidt. Ausgewählt hat sie dafür mit Cara e.V. die kleinste Beratungsstelle in Bremen. Der Verein ist – bundesweit einmalig – spezialisiert auf die unabhängige Beratung zu pränataldiagnostischen Untersuchungen.

„Wenn wir ganz alleine wären, könnten wir das als kleiner Verein tatsächlich nicht machen“, sagt die Pädagogin und Psychotherapeutin Gabriele Frech-Wulfmeyer, die sich mit ihrer Kollegin, einer Gynäkologin, 30 Wochenstunden teilt. Da Cara seit 2009 aber zur Familien- und Lebensberatung der Bremischen Evangelischen Kirche gehört – die ebenfalls Schwangere berät –, seien aber Vertretungsmöglichkeiten vorhanden. Frech-Wulfmeyer hält Cara für geeignet, weil sie besonders viel Erfahrung mit „hochgradigen Konfliktsituationen“ hätten, wenn Frauen ein behindertes Kind erwarten und sich für oder gegen einen Abbruch entscheiden müssen.

Mehr Geld bekommt Cara für die zusätzliche Arbeit nicht. Stahmanns Sprecher Schmidt begründet dies mit der geringen Fallzahl. In 15 Jahren hätten die Bremer Kliniken nur eine anonyme Geburt dokumentiert. Dafür wurden in den zwölf Jahren, in denen es am Sankt Joseph Stift das Babykörbchen gibt, dort zehn Säuglinge hineingelegt. Die Hoffnung des Gesetzgebers ist, dass sich die Mütter dieser Kinder jetzt ins Krankenhaus trauen.

Die Schwangerenberaterin Frech-Wulfmeyer hält diese Hoffnung für berechtigt. Die vertrauliche Geburt sei zwar wegen des relativ aufwändigen Prozederes ein „hochschwelliges Angebot“, aber Erfahrungen und Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Frauen ihre Kinder nicht spontan in den Babyklappen ablegen, sondern dies geplant hätten. Silke Meiners, Sprecherin der Joseph-Klinik, bestätigt, dass alle Kinder liebevoll gekleidet gewesen wären. Keine Frau habe allerdings irgendwelche Daten für eine spätere Kontaktaufnahme hinterlassen. Nur eine holte das Kind später doch noch zu sich.

Meiners rechnet damit, dass Frauen sich direkt ans Krankenhaus wenden, ohne vorher bei Cara gewesen zu sein. Entweder weil sie nicht wussten, dass dies dazu gehört oder weil nach Feierabend niemand zu erreichen war. Dasselbe gilt für andere Beratungsstellen, in erster Linie Pro Familia, die im Land Bremen die meisten Schwangerschaftsberatungen anbieten und auch über die vertrauliche Geburt informieren. „Wir müssen uns darüber noch abstimmen“, sagt Frech-Wulfmeyer. Aus ihrer Sicht sei es nicht sinnvoll, wenn die Frauen hin und her geschickt würden.

Ungeklärt ist zudem, wie ein Kind zu seinen neuen Sorgeberechtigten kommt, wenn eine Frau ihr Kind zu Hause gebiert, nur mithilfe einer Hebamme.

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