„Gelbwesten“-Proteste in Frankreich: Sie lassen sich nicht einschüchtern

Frankreichs Präsident Macron will die Protestbewegung „Gilets jaunes“ besänftigen. Seine Angebote reichen den AnhängerInnen nicht aus.

Ein Mann in einer gelben Warnweste steht neben eine brennenden Barrikade vor dem Triumphbogen in Paris

Auf Konfrontation: Bislang weigert Macron sich, mit den Gelbwesten direkt zu sprechen Foto: ap

PARIS taz | Die französische Protestbewegung „gelbe Westen“ will ihren Widerstand gegen die Energie- und Steuerpolitik ihres Staatspräsidenten Emmanuel Macron aufrechterhalten. „Das war gar nicht überzeugend für die Franzosen“, kommentierte Eric Drouet, einer der Sprecher der Bewegung, Macrons selbstkritischen Ansatz in einer Grundsatzrede über die Energiewende.

Zusammen mit Priscillia Ludosky, einer weiteren Sprecherin der Gelbwesten, war Drouet sofort nach Macrons Auftritt vom Umwelt- und Energieminister François de Rugy empfangen worden. Macron hat sich bisher geweigert, direkt mit den Gilets jaunes zu sprechen.

Der französische Staatspräsident hat in seiner Rede immerhin die Stilllegung des ältesten AKW in Fessenheim ab Sommer 2020 und den schrittweisen Rückzug aus der Atomenergie angekündigt. Damit wollte er zum einen den gilets jaunes den Wind aus den Segeln nehmen und zweitens das Vertrauen seiner Landsleute für die Energiewende zurückgewinnen.

Aus den Reaktionen ist aber zu schließen, dass ihm das nicht gelungen ist. 76 Prozent sind laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der Ansicht, Macrons Vorschläge seien „ungenügend“. Sie wollten offenbar viel mehr von Abgabensenkungen hören, die sich positiv auf ihre eigene Kaufkraft auswirken.

„Macrons Treibstofftank ist leer“

Es überrascht nicht, dass die politischen Oppositionsparteien Macrons erfolglose Versuche, die Öffentlichkeit wieder zu versöhnen, zerpflücken: „Mit seiner Rede beweist Emmanuel Macron, dass er weder auf der Straße war noch seinen Fernseher eingeschaltet hat, seit die gilets jaunes ihr Leid klagen. Das ist hoffnungslos“, sagte Laurence Salliet, Sprecherin der konservativen Les Républicains. Marine Le Pen vom rechten Rassemblement national (Ex-FN) spricht von einer „totalen Leere in Sachen Lösungen“.

„Macrons Treibstofftank ist leer“, meint auch Jean-Luc Mélenchon von der linken France insoumise. Der Grüne Yannick Jadot schließlich gibt dem Präsidenten zu bedenken, „mit schönen Worten besänftigt man keine Wut“. Bei den Gelbwesten hatte Macrons Versuch, sie mit einer rhetorischen Geste des Entgegenkommens abzufertigen oder zu beruhigen, genau den gegenteiligen Effekt. Oft fühlen sie sich vom Staatschef verspottet.

Yannick Jadot, französischerGrüner

„Mit schönen Worten besänftigt man keine Wut“

Sprecher Drouet ist der Ansicht, dass die Staatsführung offenbar immer noch nicht verstanden habe, worum es dieser Volksbewegung gehe die seit knapp zwei Wochen mit einer tief sitzenden Wut überall im Land mit Straßensperren auf die sozialen Probleme Frankreichs hinweist. Er ruft darum seine MitstreiterInnen in den gelben Warnwesten auf, am Samstag erneut in Paris auf die Straße zu gehen.

Viele AktivistInnen sind unerfahren

Die bisher nur ansatzweise lokal strukturierte und vor allem über soziale Netzwerke informell koordinierte Bewegung hat am Montag in einem an der Basis bereits umstrittenen Onlineauswahlverfahren acht SprecherInnen nominiert, die sowohl die unterschiedlichen sozialen Hintergründe der UnterstützerInnen als auch deren regionale Diversität repräsentieren sollen.

Zu den acht gewählten SprecherInnen gehören ein Lkw-Fahrer (Drouet), eine Onlinekosmetikverkäuferin (Ludosky), aber auch ein Landwirt, eine Serviererin, ein ehemaliger Journalist und einige selbstständige UnternehmerInnen. Sie sollen im Namen der Protestbewegung als GesprächspartnerInnen bei den Behörden auftreten. Ihre Aufgabe soll es zudem sein, regionale Debatten zu organisieren, damit die Anliegen von der Basis auf dem Land bis in die Hauptstadt gelangen.

Die AktivistInnen haben in der Regel keine oder kaum politische Erfahrung, das war sogar eine der Voraussetzungen, um sich für den Sprecherposten zu qualifizieren. Heute sagen die meisten von ihnen, dass sie von den Parteien umworben werden.

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