Geplante Pkw-Maut: Vorratsdaten zum Zweiten

Anonym auf der Autobahn? Das gehört mit der Maut der Vergangenheit an, kritisieren Datenschützer. Dabei ginge es auch anders.

Einmal Autobahn fahren, 13 Monate Daten gespeichert. Finden viele unverhältnismäßig. Bild: dpa

BERLIN taz | Datenschützer befürchten durch die Einführung der Maut eine neue Art der Vorratsdatenspeicherung. „Damit wird eine Überwachungsinfrastruktur etabliert, die anonymes Fahren nicht mehr möglich macht“, sagt Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD). Für „verfassungsrechtlich bedenklich“ hält der IT-Rechtler Matthias Lachenmann die Pläne.

Der Gesetzentwurf war am Wochenende bekannt geworden und damit auch, dass die an den Mautbrücken gescannten Daten deutlich länger aufbewahrt werden als zuvor angekündigt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte stets betont, dass die Aufnahmen wie bei der Lkw-Maut sofort gelöscht würden, wenn es sich nicht um mutmaßliche Mautpreller handele. Aus dem Gesetzentwurf geht nun hervor, dass die an den Mautbrücken aufgenommenen Scans bis zu 13 Monate gespeichert werden. Damit sollen mögliche Erstattungsansprüche überprüft werden können.

Als „klassische Vorratsdatenspeicherung“ bezeichnet Weichert die Pläne. IT-Rechtler Lachenmann hält es für „völlig unverhältnismäßig, dass man sämtliche Daten 13 Monate lang speichert“. Schließlich würden die Erstattungsansprüche nur sehr wenige Menschen betreffen, die Speicherung aber alle mautpflichtigen Nutzer der überwachten Straßen.

„Offenbar hat Dobrindt das Problem der Mauterfassung massiv unterschätzt“, sagt Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen. Datenschützer Weichert geht zudem davon aus, dass die Begehrlichkeiten, die Daten auch für andere Zwecke zu nutzen, durch die lange Speicherfrist wachsen. Dobrindt hatte am Wochenende via Süddeutsche Zeitung versichert, dass die Daten nur für die Mauterhebung genutzt werden sollen. Doch Weichert traut dem Versprechen nicht. Er vermutet: Ohne die Zusage, die Daten nur für die Maut zu nutzen, hätten die ohnehin umstrittenen Pläne keine Akzeptanz in der Bevölkerung. „Aber ich garantiere Ihnen, dass in fünf Jahren das Zweckentfremdungsverbot aufgeweicht sein wird.“

IT-Rechtler Lachenmann spricht sich dafür aus, die Erstattungsansprüche komplett zu streichen. Wer sein Auto nicht nutzt, müsse es eben abmelden, um die Maut zu sparen. Werner Hülsmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung weist darauf hin, dass inländische Autobesitzer die Maut automatisch zahlen müssen, sodass diese Kennzeichen gar nicht gespeichert werden müssten. So wären Plakette und Kontrollen nur für Fahrzeuge ohne deutsches Kennzeichen notwendig – wobei sich auch hier wieder die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte am Montag, mit den Mautdaten „so sparsam wie möglich“ umzugehen. Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion, sieht in den Datenschutzproblemen so auch etwas Gutes: Die jetzige Debatte darum habe das Potenzial, die Mautpläne komplett zu kippen.

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