Gerettetes Schutzgebiet am Amazonas: Der Wald hat noch mal Glück gehabt

Brasiliens Regierung stellt das Renca-Gebiet unter Schutz, statt dort Rohstoffe fördern zu lassen. Umweltaktivisten bleiben trotzdem skeptisch.

Springaffen im brasilianischen Amazonas-Regenwald

Die Springaffen sind nur eine der zahlreichen Arten, die im Amazonas-Gebiet leben Foto: dpa

RIO DE JANEIRO taz | Tier- und Umweltschützer können aufatmen: Brasiliens Präsident Michel Temer hat die Auflösung eines riesigen Schutzgebietes im Herzen des Regenwaldes rückgängig gemacht. Am Dienstagmorgen veröffentlichte die Regierung ein entsprechendes Dekret. Damit bleibt das über 46.000 Quadratkilometer große Renca-Gebiet in den Bundesstaaten Amapá und Pará im Norden Brasiliens von Bergbau- und anderen wirtschaftlichen Aktivitäten verschont.

Temer hatte das Schutzgebiet Ende August per Dekret für aufgelöst erklärt. Doch er musste sich dem Druck in In- und Ausland beugen: Mehrere Staaten und Organisationen reagierten mit vehementer Kritik. Prominente wie das aus Brasilien stammende Model Gisele Bündchen und zahlreiche Musikstars geißelten den Versuch, die rohstoffreiche Region auszubeuten, um die Wirtschaftskrise zu lindern. Der Druck hatte Temer bereits nach wenigen Tagen veranlasst, Teile des Dekrets zu widerrufen. Umweltschützer bezeichneten diese Korrekturen jedoch als Augenwischerei.

Greenpeace begrüßte nun den kompletten Rückzieher der brasilianischen Regierung und sprach von einem „Sieg der Gesellschaft gegen diejenigen, die den Wald zerstören und verkaufen wollen“. Es sei allerdings nur ein Etappensieg, warnte die Umweltorganisation. „Der Krieg gegen die Amazonasregion und ihre Bewohner, den die Regierung Temer und die Agrarier-Fraktion im Parlament vorantreiben, geht weiter“, erklärte Marcio Astrini, Sprecher von Greenpeace Brasilien.

Das Energieministerium machte auch schon deutlich, dass in Sachen Renca das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Die Argumente für eine Aufhebung des Schutzstatus seien nicht überholt, heißt es in einer Erklärung des Ministeriums: „Das Land muss wachsen, Arbeitsplätze schaffen und Investoren gerade im Bergbau anlocken. Erst dadurch kann das ökonomische Potenzial der Region entfacht werden.“

Eisenerz, Nickel und Gold schlummern im Boden

Ursprünglich war die Renca-Region unmittelbar nördlich des Amazonasstroms gar nicht als Naturschutzgebiet gedacht. Im Jahr 1984 stellte die damalige Militärregierung das Gebiet nur unter Schutz, um den Abbau von Rohstoffen durch ausländische Konzerne zu verhindern. Große Vorräte an Eisenerz, aber auch Nickel, Magnesium, Gold und andere Mineralien schlummern unter der Erdoberfläche des Gebiets, das in etwa der Fläche Dänemarks entspricht. Erst in den Folgejahren wurden dort sieben Naturreservate und zwei Schutzgebiete für die einheimischen Bewohner eingerichtet.

Für Greenpeace ist das Tauziehen um Renca nur die Spitze des Eisbergs. Temer und seine Unterstützer wollten alle Schutzmechanismen im Amazonas zurückschrauben, kritisiert der Aktivist Astrini. Dazu gehörten Gesetzesinitiativen, mit denen Umweltauflagen für Investitionen gelockert werden, sowie die Versuche, bestehende Schutzgebiete zu verkleinern und damit mehr wirtschaftliche Aktivitäten zu erlauben. Die inzwischen dokumentierte Zunahme der Abholzung sei unmittelbare Folge dieser Politik.

Illegaler Holzeinschlag, Goldschürfer und vor allem die Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft bedrohen den Bestand des Waldes in der gesamten Amazonasregion. Erst Mitte September schlug Greenpeace im nordbrasilianischen Bundesstaat Pará Alarm: Tief im Urwald waren mehrere illegale Goldminen und acht geheime Landepisten entdeckt worden.

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