Gericht beurteilt G20-Polizeieinsatz: Unbegründeter Polizeigewahrsam?

Am Dienstag wird erstmals das Vorgehen der Polizei gegen DemonstrantInnen beim G20-Gipfel rechtlich überprüft. Der Anlass ist eine Klage von acht ItalienerInnen.

Ein Mann liegt in einer Zelle der Gefangenensammelstelle

Willkommen in Hamburg: Eine Zelle der G20-Gefangenensammelstelle Foto: dpa

HAMBURG taz | Elf Monate ist der G20-Gipfel her. Im Zuge der juristischen Aufarbeitung sind bereits Dutzende DemonstrantInnen, denen Gewalttaten vorgeworfen werden, inhaftiert, angeklagt und verurteilt worden. Von den Polizisten, die zugelangt haben sollen, stand bisher kein einziger vor Gericht. Dafür wurden bereits 52 Ermittlungsverfahren eingestellt, weil laut Staatsanwaltschaft entweder „kein strafbares Verhalten der Beamten vorlag“ oder weil „PolizistInnen Zwangsmittel einsetzen dürfen“.

Am Dienstag nun geht es vor dem Verwaltungsgericht erstmals um die Rechtmäßigkeit eines Polizeieinsatzes. Acht ItalienerInnen, die am 8. Juli 2017 in Polizeigewahrsam genommen und in die Gefangenensammelstelle (Gesa) gebracht wurden, klagen an. Sie wurden festgenommen und mussten eine Nacht in der Gesa verbringen, obwohl ihnen kein strafbares Verhalten vorgeworfen wurde.

Grundlage der Kontrolle und anschließenden Ingewahrsamnahme der acht ItalienerInnen am Rande der „Grenzenlose Solidarität statt G20“-Demo am Holstenwall war Paragraf 13 des Hamburger Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Danach darf „eine Person in Gewahrsam genommen werden, wenn diese Maßnahme (…) unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern“. Doch genau dieser Sachverhalt, so die acht KlägerInnen, sei nicht gegeben gewesen.

Die ItalienerInnen fordern nun Schadenersatz. Sie gehen davon aus, dass sie nur deshalb kontrolliert wurden, weil sie in das Profil passten, wonach die Polizei nach südeuropäisch aussehenden DemonstrantInnen Ausschau hielt. Denn bei ihnen vermuteten sie die größte Gewaltbereitschaft.

Nach taz-Informationen verweisen die Beamten auf dunkle Kleidung, die sie angeblich bei den KlägerInnen gefunden hatten. Die ItalienerInnen werfen der Polizei außerdem zahlreiche Schikanen und Grundrechtsverletzungen vor.

Die ItalienerInnen wurden in Gewahrsam genommen, ohne dass ihnen eine Straftat zur Last gelegt wurde

Vor Gericht sollen nun mehrere am Einsatz beteiligte Polizisten vernommen werden. Doch warum wurden MedienvertreterInnen darüber nicht informiert – wie es etwa bei den Verfahren gegen Flaschenwerfer der Fall war? Bei den Strafprozessen gegen G20-KritikerInnen informierte die Staatsanwaltschaft Presse und Rundfunk ausgiebig über jedes anstehende Verfahren.

Doch am Verwaltungsgericht gibt es keine Staatsanwälte. Der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Jan Stemplewitz, verweist darauf, „dass das Gericht grundsätzlich die Öffentlichkeit von Verfahren vorab nicht informiert“. Bei Prozessen wie diesem würden „meist schon die Anwälte der Kläger die Medien informieren“.

Passiert das, entscheiden somit allein die Anwälte der Beklagten oder Kläger darüber, über welche handverlesenen JournalistInnen die Öffentlichkeit von einem Verfahren erfährt. Geschieht das aber nicht, ist eine mediale Kontrolle quasi ausgeschlossen.

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