Gesundes und artgerechtes Tierfutter: Light-Food für Hund und Katze

Am Futternapf wird heftig darüber gestritten: Wie ist eine artgerechte und nachhaltige Ernährung von Vierbeinern möglich?

Zwei Hunde vor einem Verkaufsthresen mit Tierfutter

Und im Spezialladen für Tierfutter gibt es fast alle Leckereien für Hunde Foto: imago/Lars Reimann

Ein Wolf, der an einem Beerenstrauch knabbert, einer Wurzelknolle kaut oder Gras rupft, ist sicherlich eine seltsame Vorstellung. Auch wenn Wild gerissen wird, fressen die Tiere zuerst die Innereien, Magen und Darm samt dem pflanzlichen Inhalt. Das Muskelfleisch ist stets nur zweite Wahl. Wölfe sind Nahrungsgeneralisten, sie ernähren sich in der freien Wildbahn zwar hauptsächlich von Tierischem, können jedoch eine breite Palette an Nahrung, darunter eben auch Pflanzen zu sich nehmen und verdauen.

Nun lebt der Hund seit mehr als 30.000, manche Schätzungen gehen von 100.000 Jahren aus, mit dem Menschen zusammen. Rund 2 von 3 Hundebesitzern sehen das Tier als Familienmitglied. Und während gesunde und nachhaltige Ernährung für den Menschen immer wichtiger wird, sind diese Themen auch am Futternapf angekommen.

Der Tiermarkt bietet darum immer öfter auch vegetarische und vegane Futtermischungen, zudem Probiotika-Zusätze, gluten- oder getreidefreies Futter an. Auch Light-Produkte sind im Sortiment. Der Haustierfuttermarkt ist allein in den USA in 20 Jahren von 17 Milliarden auf 60 Milliarden Dollar angewachsen. Doch wie ist es bestellt um die Qualität von Chappi & Co. und was ist von Alternativdiäten zu halten?

Bleiben wir zunächst beim Hund. Ein hartnäckiges Gerücht ist, dass Hunde besser getreidefreies Futter erhalten sollten, da sie in der Wildnis ja auch nur extrem selten Getreide fraßen. Tatsächlich ist der heutige Canis lupus familiaris nicht mit seinen Wildverwandten vergleichbar. Er hat sich in der langen Zeit als Beschützer und Begleiter des Menschen an die Nahrung angepasst, die er gefüttert bekommen hat. „Im Vergleich zum Wolf kann der Hund darum besser Stärke verdauen“, schreibt Andrew Knight, Veterinärmediziner an der University of Winchester in einem Review vom vergangenen Jahr.

Seit 2013 weiß man, dass die dafür zuständige Amylase beim Hund in 28-mal höheren Dosen in der Bauchspeicheldrüse gebildet wild als beim Wolf. Auch sind die domestizierten Tiere dazu in der Lage, Maltose in Glukose zu verwandeln und vermehrt Glukose im Darm zu resorbieren. Hunde brauchen zudem Faserstoffe für eine gute Verdauung und weniger Eiweiß als ihre Vorfahren.

Hunde vegetarisch zu ernähren ist also grundsätzlich möglich – das liest man auch auf der Website des Deutschen Tierschutzbundes. Vorausgesetzt die Ernährung ist abwechslungsreich und gut durchdacht mit Milch- und Eiprodukten, Gemüse, Reis und Teigwaren. Gleichsam sollten die Tiere regelmäßig zu Gesundheitschecks gehen. Empfohlen wird dennoch eine Fleischkost.

An den Menschen angepasst

Andrew Knight ist hier anderer Meinung: „Das heutige Futter mit tierischem Eiweiß ist nicht das, was Hunde in der Wildbahn fressen würden, etwa Pute, Schwein, Shrimps oder Milch.“ Auch zeigt ein Test der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2016, dass auch mit Fleischfutter keineswegs immer ein ausreichender Nährstoffmix gewährleistet ist. Zudem seien fleischhaltige Produkte auch immer wieder mit Antibiotika, PCB oder Schwermetallen belastet. „Auf der anderen Seite sind vegetarische und vegane Fertigmischungen heutzutage gut an die Nährstoffbedarfe der Tiere angepasst.“ Ein Test der Zeitschrift Öko-Test bestätigt das. Das Futter basiert auf Soja, Linsen oder Erbsenprotein. Jürgen Zentek, Tierarzt an der FU Berlin meint jedoch gegenüber Öko-Test: „Noch fehlen langfristige Studien, die zeigen, wie gut die Nährstoffe aus einer rein pflanzlichen Kost für den Hund verfügbar sind.“

Haustiere werden regelmäßig gefüttert, auch das ist nicht wirklich natürlich

Bei Katzen sieht es allerdings anders aus. Sie sind erst seit 10.000 Jahren domestiziert, zudem haben sie das Jagen weiterhin gepflegt – schließlich wurden sie von den nun sesshaften Menschen gehalten, um Nager zu fangen. Ihr Verdauungsapparat war keinem so starken selektiven Druck ausgesetzt, Katzen sind darum auch heute noch obligate Fleischfresser. „Hauskatzen sind Wildkatzen noch sehr ähnlich“, so Knight. Dennoch hält er auch hier Fleischverzicht für möglich. „Alle wichtigen Nährstoffe wie etwa Taurin, Vitamin A und Arachidonsäure können beigemischt werden.“

Auch eine kleine Studie der Universität Wien aus dem Jahr 2014 weist darauf hin, dass Hunde und Katzen mit vegetarischem Futter weder automatisch gesünder noch kränker sind. Trotzdem hält auch der britische Tierwohl-Experte Gesundheitschecks bei veganen Tieren für unabdingbar.

Beim Tierschutzbund ist man hingegen grundsätzlich gegen Vegetarisches für Katzen: „Wir können das aus Tierschutzgründen nicht empfehlen.“ Zudem seien Katzen oft auf ein Futter geprägt, eine Umstellung im Falle von Mangelernährung sei darum schwierig.

Einige Tierhalter verzichten allerdings ganz auf Fertigprodukte, schließlich gibt es immer wieder Vorwürfe minderes Fleisch werde hier entsorgt. Allerdings darf nur Fleisch ins Futter wandern, das theoretisch auch für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Allerdings will kein Mensch Pansen, Euter oder Karkassen auf seinem Teller. Auch Innereien wie Herz, Leber und Nieren sind heutzutage immer weniger nachgefragt. Darum halten es sogar Bio-Experten für richtig, bestimmten Schlachtabfällen auf diesem Weg noch einen Wert zu geben. Trotzdem verzichten laut einer Studie von der LMU München aus dem Jahr 2012 etwa 8 Prozent der Hunde- und knapp 1 Prozent der Katzenbesitzer ganz auf Fertigprodukte.

Infektionsgefahr bei rohem Fleisch

Unter Hundehaltern ist derzeit vor allem das sogenannte BARFen angesagt. Dabei steht BARF für Biologisch Artgerechte Rohfütterung, die Tiere erhalten ausschließlich Knochen, rohes Fleisch und geringe Mengen an roher Pflanzenkost. Auch wenn diese Art der Ernährung artgerecht anmutet, sehen Wissenschaftler diese skeptisch. Laut Petra Kölle von der LMU München erhöht sich damit nämlich die Gefahr für Infektionen bei den Tieren, die teilweise auch auf den Halter übertragbar sind. Zudem seien die BARF-Speisepläne in der Praxis häufig mit Nährstoffen über- oder unterdosiert.

Knight weist darauf hin, dass das Wort „natürlich“ oder „artgerecht“ generell schwierig sei. Schließlich unterscheide sich das Leben eines Hundes heute nicht nur in Sachen Nahrung von dem eines Wolfes in freier Wildbahn: „Die Tiere werden entwurmt, geimpft, kastriert und die meiste Zeit in Innenräumen gehalten“, schreibt Knight. „Normalerweise schlingen die Wildtiere auch, damit sie keine Konkurrenz von anderen Jägern bekommen, einige Tage kommen Wölfe dann ohne Futter aus. Haustiere werden regelmäßig gefüttert, auch das ist nicht wirklich natürlich.“

Doch während sich manche Tierhalter vor allem um ethisch korrektes Futter sorgen, sehen Ärzte in steigenden Übergewichtsraten das größte Gesundheitsproblem unter den Vierbeinern. In der Münchner Studie waren rund die Hälfte der Hunde und Katzen betroffen. Übergewicht begünstigt bei den Tieren Diabetes, Nierenkrankheiten, Arthritis und Krebs. Darum wird etwa bei Nestlé (Purina) schon an Probiotika gebastelt, die Übergewicht bekämpfen sollen. Ob diese für Vierbeiner Vorteile bringen, ist jedoch noch nicht geklärt.

Dick werden die Tiere übrigens aus den gleichen Gründen wie ihre Herrchen: zu viel essen und zu wenig Bewegung. Tierärzte raten daher zu einem überwachten Programm mit leicht kalorienreduziertem Futter, wobei es reicht, normales Futter weniger zu dosieren, und langsam gesteigertem Gassigehen. In den USA soll es derweil schon Fitnessstudios für Haustiere geben.

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