Gewerkschaft prüft rechtliche Schritte: Behörde überwachte Mitarbeiter

Weil er Texte für die Volksinitiative gegen Pflegenotstand auf seinem Arbeitsrechner hatte, wurde ein Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde abgemahnt.

In einer Computertastatur steckt ein Zettel mit der Aufschrift: "I'm watching you".

Was passiert an diesem Computer? Kann sein, dass der Arbeitgeber mitliest Foto: Imago

HAMBURG taz | Axel Hopfmann hat Post von seinem Arbeitgeber bekommen: Die Hamburger Gesundheitsbehörde hat ihn abgemahnt wegen „Missbrauchs der Arbeitszeit für die Erledigung privater Angelegenheiten“. Wie die Behörde darauf kommt? Die Leitung hatte seinen Rechner durchsuchen lassen.

Der Sprecher der Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), Rico Schmidt, sagt, man könne sich zu Personalangelegenheiten nicht äußern. „Aber Sie können sichergehen, dass die Behörde ihr Vorgehen rechtlich geprüft hat.“

Doch an dem Vorgehen gibt es Zweifel. Der Mitarbeiter war für Patientenbeschwerden zuständig und ist Mitglied im Personalrat. Konkret wird ihm vorgeworfen, er sei „wiederholt und über einen längeren Zeitraum“ für das „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“ und die daraus entstandene Volksinitiative tätig gewesen. Dies sei seinem „privaten Lebensbereich zuzuordnen“.

Als Beleg führt die Behörde eine penible Auflistung der Zeiten an, in denen Hopfmann ein Petitum zur Personalbemessung in Hamburger Krankenhäusern auf seinem Rechner hatte. Hopfmann ist Sprecher der Volksinitiative gegen Pflegenotstand, die kürzlich die erste Unterschriften-Hürde genommen hat und ihre Forderungen für mehr Personal in Krankenhäusern im Juni im Gesundheitsausschuss vortragen darf.

Ebenso führte die Behörde 17 E-Mails gegen ihn an, die er von seinem Dienst-Account an andere Bündnismitglieder versandt haben soll, eine davon mit der Bemerkung: „Liebe Alle, ich habe meine Arbeitszeit mal sinnvoll genutzt“.

Die Initiative sammelte im März 27.623 Unterschriften.

Sie fordert eine Pflegepersonal-Regelung für Hamburgs Krankenhäuser, die von 1992 bis 1995 schon mal galt.

Der Bedarf an Pflegekräften soll konkret ermittelt und bereit gestellt werden.

Investitionen für Krankenhäuser sollen ausreichend sein, damit das Geld nicht in der Pflege fehlt.

Allerdings dürfen in Hamburg Behördenmitarbeiter ihre Rechner auch privat nutzen. „Gelegentliche Nutzungen, auch des Internetzugangs, für private Zwecke sind zulässig, wenn hierdurch dienstliche Belange nicht beeinträchtigt werden“, heißt es in einer Vereinbarung zwischen der Stadt und den Gewerkschaften zur „Bürokommunikation“ von 2002.

Ebendort ist auch festgelegt, dass die Auswertung von gespeicherten Daten der Stadtmitarbeiter nur bei „konkretem Verdacht zur Aufklärung von Missbrauchstatbeständen“ wie „Dienstvergehen“ oder der „Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten“ zulässig ist. Das heißt: Die Behörde darf ihre Mitarbeiter nicht einfach so ausspähen. Der „auszulösende Sachverhalt ist zu dokumentieren“, der Personalrat „möglichst vorher zu unterrichten“.

Doch der Personalrat wurde erst nach der Datendurchsuchung, am 2. März, informiert. Und der Verdacht erschien dem Personalrat zu diesem Zeitpunkt „nicht ausreichend spezifiziert“. Das schrieb die Personalrätin der Gesundheitsbehörde am 14. März in einer Beschwerde gegen die Durchsuchung des E-Mail-Accounts.

Der Vorgang ist auch aus Sicht der Hamburger Ver.di-Spitze so nicht zulässig. „Wir kritisieren aufs Schärfste die Untersuchung der Daten, ohne dass ein konkreter Verdacht auf missbräuchliche Nutzung beschrieben ist“, schreiben der Bezirksleiter Berthold Bose und der Bezirksvorstand Olaf Harms an die Amtsleitung. Denn wenn bereits vage formulierte Vorwürfe ausreichen, um E-Mail-Konten zu durchsuchen und Rechner zu sichten, „fürchten wir um die Sicherheit der Daten auf den Computern unserer Personalräte“.

Hopfmann selbst will sich derzeit nicht äußern. Er hat aber deutlich gemacht, dass er gegen die Abmahnung vorgehen will. „Der Kollege bekommt von uns Rechtsschutz“, sagt die Ver.di-Sekretärin Sieglinde Friess. Außerdem werde man prüfen lassen, ob die Behörde korrekt gehandelt hat, zumal hier sensible Personalratsdaten betroffen seien.

Für Deniz Celik, den gesundheitspolitischen Sprecher der Linken, hat die Angelegenheit eine politische Dimension. „Es wird ein Mitarbeiter drangsaliert, dessen Arbeit vorher nie beanstandet wurde“, sagt er. Die Sache sei „ein bisschen heftig“, findet auch der Sprecher der Volksinitiative gegen Pflegenotstand, Christoph Kranich. „Das wirkt wie eine Kriminalisierung.“

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