Gewerkschafter in Bangladesch: „Als Landesverräter angezeigt“

Weil Textil-Arbeiter in Bangladesch für höhere Löhne kämpften, landete Gewerkschafter Mohammed Ibrahim in U-Haft. Hier spricht er über die Vorwürfe gegen ihn.

Menschen an Nähmaschinen in einer Fabrikhalle

Die Arbeitsbedingungen in Textilfabriken internationaler Unternehmen sind oft miserabel Foto: dpa

taz: Herr Ibrahim, warum wurden Sie festgenommen?

Mohammed Ibrahim: Als die Textil-Arbeiter aus 20 Fabriken im Dezember eine Verdreifachung ihres Lohnes forderten, waren wir auf einem Gewerkschaftsausflug. Wir wussten nichts vom Start der Kampagne. Trotzdem wurden wir am 21. Dezember von der Polizei vorgeladen – insgesamt rund 60 Menschen aus allen 17 in der Gegend aktiven Gewerkschaften.

Was passierte dort?

Zunächst bekamen wir Äpfel zu essen und mussten uns dann der Reihe nach vorstellen. Als ich dran war, fasste mich ein Kriminalpolizist am Nacken und führte mich hinaus. Dort sagte er, ich solle in einen schwarzen Minibus steigen, weil der Polizeichef mich in seinem Büro sprechen wolle. Tatsächlich wurden wir dem aber nie vorgeführt. Ich musste mehrere Stunden in dem Auto warten. Später fuhren sie mich auf ein Feld und sagten, ich solle gehen. Ich hatte aber Angst, dass sie mich erschießen und dann sagen würden, ich sei geflohen. Ich sagte also, dass ich nicht gehen würde, schließlich sei ich ja festgenommen.

Was geschah danach?

Ich wurde zu einer Polizeistation gebracht und gefragt, ob ich Aminul Islam kenne und was ihm passiert sei. Ich sagte, er sei ein Gewerkschafter gewesen, der vor einigen Jahren ermordet wurde. Sie sagten, ich hätte Glück, dass der Fall schon abgeschlossen sei, sonst hätten sie mich dafür angeklagt. Als meine Vorgesetzten von der Gewerkschaft versuchten, mich zu erreichen, sagten die Polizisten, ich solle sagen, ich sei in der Bank. Das tat ich dann auch.

ist der Generalsekretär für die Gewerkschaftsföderation BGIWF in den Kreisen Ashulia, Savar und Dhamrai, wo es viele Textilfabriken gibt.

Wurden Sie einem Richter vorgeführt?

Ja. Am übernächsten Tag, dem Sonntag [Anm.: der erste Arbeitstag der Woche]. Ich war in sieben Fällen angezeigt, unter anderem als Landesverräter. Die Kriminalpolizei forderte für jeden Fall sieben Tage Untersuchungshaft, der Richter verhängte allerdings nur je drei Tage in fünf Fällen.

Sie waren dann 15 Tage in Untersuchungshaft?

Schon bei den drei Tagen Untersuchungshaft hat die Polizei immer einen Tag Ankunft und einen Tag Abreise hinzugezählt und mich pro Verfahren für fünf Tage festgehalten, insgesamt 57 Tage. Freigekommen bin ich am 16. Februar. Meine Familie und die Chefs unserer Gewerkschaften bürgen dafür, dass ich nicht untertauche.

Wie erging es Ihnen in Haft?

Wir wurden in einem sehr kleinen, stinkenden Raum untergebracht, direkt vor der Toilette. Zu sechst mussten wir uns zwei Decken teilen. Zu essen gab es nur Reis und Linsen – ich musste mir von meinem eigenen Geld zusätzliches Essen kaufen. Außerdem erpressten uns die Polizisten. Sie sagten wir sollten 1.000 Taka (umgerechnet rund 12 Euro) zahlen, sonst bekämen wir Fußschellen. Wir zahlten, weil wir nicht wussten, dass sie das nicht dürfen. Ich wurde verschont, aber zwei andere Männer wurden oft geschlagen. Einer erzählte, die Polizisten hätten gedroht, ihn zu erschießen.

Inzwischen gibt es eine Einigung zwischen den Gewerkschaften und der Regierung, dass alle Gewerkschafter freigelassen und die Verfahren gegen sie eingestellt werden.

Davon habe ich auch gehört. Gegen mich laufen allerdings noch immer neun Verfahren, unter anderem wegen Sachbeschädigung, Diebstahl und Landesverrat. Wir wissen nicht, wann diese eingestellt werden. Auch unser Büro ist noch geschlossen. Am 1. März soll es wieder eröffnet werden.

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