Giftanschlag in Syrien: „Ich bin nicht tot, verdammt“

Ein Geheimdienstchef soll laut einem Bekennervideo vergiftet worden sein. In seinem Namen wird getwittert, dass er am Leben sei. In Syrien wurden Libanesen entführt.

Wenn Geheimdienstchefs (Shawkat, li.) aussehen wie in einem schlechten Agentenkrimi, kann es sein, dass sie auch wie in einem sterben müssen. Bild: ap

BERLIN taz | „Zum verdammten 10234. Male, ich bin nicht tot, sondern verdammt lebendig! Soll ich die Armee schicken, um euch zu beweisen, dass ich lebe?!“, postete ein Twitter-User, der sich als Assef Shawkat ausgibt, am Mittwoch. Zuvor waren Bilder von einer blutverschmierten Leiche, die Shawkat, dem Ehemann der Präsidentenschwester, sehr ähnelt, in Umlauf gebracht worden. Ob sie wahr oder manipuliert sind, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden.

Assef Shawkat, der Generalstabs- und Geheimdienstchef, soll bereits vor einigen Tagen Opfer eines monatelang geplanten Giftmordes geworden sein. In einem Bekennervideo im Internet erklärten Regimegegner, sie hätten Shawkat, der Schlüsselpositionen im Sicherheitsapparat besetzt, und fünf weitere Mitglieder des sogenannten Krisenstabs der Regierung ausgespäht und gezielt vergiftet.

Unter ihnen soll auch Verteidigungsminister Radisha sein. Innenminister Mohammad Ibrahim as-Shaar und General Hassan Turkmani hingegen hatten sich, bereits kurz nachdem ihr Tod verkündet worden war, im staatlichen Fernsehen zu Wort gemeldet, woraufhin die Gegner erklärten, dass einige Zielpersonen den Giftanschlag offenbar überlebt hätten. Shawkat sei aber bestimmt tot und seine Leiche bereits in seinem Heimatdorf.

Offensive in Rastan geht im voller Härte weiter

Unterdessen weitete die syrische Armee ihre Offensive in Rastan, einer Hochburg der Aufständischen, aus. Ein Aktivist sagte der Nachrichtenagentur afp, dass die Freie Syrische Armee noch versuche, die Tore der Stadt zu verteidigen, die Regierungstruppen aber stark aufgerüstet und durch die als brutal bekannte Präsidentengarde unterstützt würden. „Es gibt keinen Strom mehr, und unsere Wassertanks sind zerschossen worden“, erklärte der Informant. Zudem sei es wegen der Belagerung unmöglich geworden, Nahrung in die Stadt zu transportieren.

Im Nachbarland Libanon steigt die Spannung, ob der Geschehnisse im Nachbarland. Nachdem am Sonntag ein antisyrischer sunnitischer Geistlicher an einem libanesischen Armeecheckpoint erschossen wurde, warfen einige sunnitische Parlamentsmitglieder der staatlichen Armee vor, hinter Syrien zu stehen. In einigen Teilen des Landes kam es sofort zu Protesten. Regierungsmitglieder jeder Couleur versuchten umgehend, den Zorn besonders der prosyrischen schiitischen Bevölkerung zu glätten. Unisono wurde erklärt, die Erschießung des Klerikers sei ein „Versehen, sicher der Nervosität der Lage geschuldet“. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah rief zu Zurückhaltung und mahnte, keinesfalls Racheakte an Syrern im Libanon zu begehen.

13 schiitische Libanesen in Syrien entführt

Auch der jüngste Entführungsfall in Syrien erzürnt die libanesischen Schiiten: Eine Gruppe schiitischer Pilger, die gerade aus dem Iran zurückkam, wurde von angeblichen Mitgliedern der Freien Syrischen Armee in Nordsyrien gestürmt. 13 Libanesen sind nun in Geiselhand, doch die Rebellen bestreiten, in den Fall verwickelt zu sein. Die diplomatischen Bemühungen liefen am Mittwochnachmittag auf Hochtouren; aus gut informierten libanesischen Kreisen wurde auf ein baldiges friedliches Ende der Geiselnahme gehofft.

Unterdessen veröffentlichte die Washington Post einige Kommentare aus hohen US-Sicherheitskreisen. Ein Diplomat erklärte, dass die USA die syrischen Rebellen verstärkt bei der Koordination unterstützen werde, jedoch nicht mit der Lieferung tödlicher Waffen. Die Finanzierung dieser wie auch immer gearteten „Hilfe“ leisteten, wie bereits im Winter angekündigt, hauptsächlich die an einem Machtwechsel in Syrien interessierten Golfstaaten.

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