Göttinger Friedenspreisstreit vor Gericht: Bissige Wortgefechte

Der Vorsitzende der Jury des Göttinger Friedenspreises wirft der Jüdischen Gemeinde Göttingen Verleumdung vor. Diese fordert vor Gericht Unterlassung.

Andreas Zumach bei der Verleihung des Göttinger Friedenspreises.

Andreas Zumach (links) mit den Preisträgern bei der umstrittenen Preisverleihung am 9. März Foto: dpa

GÖTTINGEN taz | Bissige Wortgefechte, mehrere Unterbrechungen, aber noch kein Urteil: Im Prozess um den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Jury-Vorsitzenden des Göttinger Friedenspreises, Andreas Zumach, hat das Göttinger Landgericht am Mittwoch noch keine Entscheidung getroffen. Diese werde am 7. Mai verkündet, sagte der Vorsitzende Richter David Küttler am Ende der Verhandlung. Er deutete zugleich an, dass die Kammer einem entsprechenden Antrag des stellvertretenden Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Göttingen, Achim Doerfer, wohl nicht stattgeben wird.

Hintergrund für das Verfahren sind die politischen Turbulenzen rund um die Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 am 9. März an den Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. Unter anderen hatten der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, den Verein als antisemitisch kritisiert und das mit seiner Nähe zur Boykott-Kampagne BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) gegen Israel begründet.

Wegen der Vorwürfe zogen die Uni, die Stadt und die Sparkasse in Göttingen ihre Unterstützung für die Preisverleihung zurück. Die Verleihfeier konnte deshalb nicht wie sonst in der Aula der Hochschule stattfinden. Sie wurde in einer privaten Galerie veranstaltet.

Ein Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus, „Jachad“, hatte in einem offenen Brief eine Neubesetzung der Preisjury gefordert und zu einer Kundgebung gegen die Preisverleihung aufgerufen. Zugleich warfen die Unterzeichner des Schreibens, darunter die Jüdische Gemeinde Göttingen, dem Jury-Vorsitzenden Zumach vor, er wettere „sinngemäß gegen eine vermeintliche ‚Israellobby‘“, die systematisch Redeverbote durchsetze und jegliche Kritik unterbinde. Zudem behaupte Zumach, dass es in der Preisjury keine Diskussion über Boykottkampagnen gegeben habe.

Zumach, selbst Träger des Göttinger Friedenspreises und taz-Korrespondent in Genf, bestreitet diese Äußerungen und verweist auf seine schriftlichen Einlassungen und seine im Internet zu verfolgenden Reden zum Thema. Den Begriff „Israellobby“ habe er niemals verwendet. Er habe allerdings eine Kampagne und deren Akteure benannt, die Kritiker der israelischen Regierungspolitik als antisemitisch diffamierten.

Zumach warf den Unterzeichnern des Briefes deshalb öffentlich Verleumdung vor. Doerfer sieht sich dadurch in seinen persönlichen Rechten verletzt und verlangt in seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass Zumach den Verleumdungsvorwurf nicht länger aufrecht erhält. Zumach fordert, dass der Antrag abgewiesen wird. Eine gütliche Einigung hatten die Parteien im Vorfeld der Verhandlung abgelehnt.

Zumachs Anwalt Johannes Eisenberg und Doerfer lieferten sich in der Verhandlung heftige Dispute. Sie machten deutlich, dass der Streit sich nur vordergründig um tatsächliche oder vermeintliche Äußerungen drehe. „Zumach ist der Angegriffene“, sagte Eisenberg. „Sie wollen ihn madig machen, sie wollen ihnen mit dem Stigma des Antisemiten belegen.“ Richter Küttler bezweifelte, dass Zumachs Vorwurf gegen Doerfer juristisch zu belangen sei. Er halte ihn für von der Meinungsfreiheit gedeckt, „das „muss man hinnehmen“, sagte er. Die Anregung Küttlers, seinen Antrag zurückzunehmen, lehnte Doerfer ab.

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