Gutachten der AfD: Der Beobachtungsfall ist möglich

Der Verfassungsschutz sammelt noch Material über die Rechtspopulisten. Nun notiert ein AfD-Gutachten: Die Partei könnte demnächt beobachtet werden.

zwei ältere Männer auf einem Podium

Nicht gut auf den Verfassungsschutz zu sprechen: AfD-Chefs Gauland und Meuthen Foto: dpa

BERLIN taz | Am Montag laden die AfD-Parteichefs Alexander Gauland und Alexander Meuthen eigens zur Pressekonferenz nach Berlin. Ihr Thema: „Die AfD, der Verfassungsschutz und die Meinungsfreiheit in Deutschland“. Gauland und Meuthen dürften viel Gesprächsbedarf haben.

Denn tatsächlich könnte die AfD – oder Teile von ihr – bald vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden. Schon am Wochenende wurde ein von der AfD beauftragtes Gutachten zu dieser Frage publik, erstellt von dem Staatsrechtler Dietrich Murswiek. Die Verwendung von Begriffen wie „Umvolkung“, „Volkstod“ oder „Invasoren“ für Flüchtlinge würden von Verfassungsschützern als Hinweise auf verfassungsfeindliche Bestrebungen gesehen, zitieren Medien daraus. Gleiches gelte für die Relativierung des Nationalsozialismus oder das Schüren von Ängsten vor den Folgen von Einwanderung. All dies wird von der AfD praktiziert.

Immer wieder war die Partei in jüngster Zeit mit Entgleisungen aufgefallen. AfD-Chef Alexander Gauland nannte die NS-Zeit einen „Vogelschiss“ der deutschen Geschichte, der Bundestagsabgeordnete Stefan Keuter verschickte Hitler- und Hakenkreuzbilder via WhatsApp. In Chemnitz gingen Parteifunktionäre zusammen mit Neonazis auf die Straße.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz bat daraufhin die Landesämter, Material für eine mögliche Beobachtung der Partei zu übermitteln. Dies ist inzwischen geschehen, die Informationen werden derzeit ausgewertet. Im ­Dezember soll eine Entscheidung fallen.

Hohe Hürden für Beobachtung

Um eine Parteien überwachen zu können, müssen allerdings hohe Hürden genommen werden. Wahrscheinlicher ist deshalb eine Beobachtung von Teilen der AfD. In Thüringen ist der Landesverband bereits ein Prüffall des Verfassungsschutzes. In Niedersachsen und Bremen wird die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative, überwacht.

Politiker mehrerer Parteien verstärkten am Wochenende die Forderung nach einer Beobachtung der AfD tatsächlich. SPD-Vize Ralf Stegner warf der Partei im Handelsblatt vor, die Verfassungsordnung „aktiv zu bekämpfen“. Der Grüne Konstantin von Notz sprach von einer „extremen Radikalisierung“, was nun auch die AfD selbst feststelle.

Die AfD hat eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, um sich gegen eine eventuelle Überwachung zu wehren. Der Autor ihres Gutachtens, Dietrich Murswiek, relativierte am Sonntag die Ergebnisse: Er habe sich nicht auf die AfD bezogen, sondern nur allgemein dargestellt, welche Voraussetzungen es brauche, um eine Partei zu beobachten. Dennoch rate er der AfD, auf die genannten Begriffe zu verzichten – „damit nicht verfassungsmäßige Aussagen zu Unrecht als extremistisch eingeordnet werden“.

Jugendverband in Niedersachsen ausgegliedert

Auch die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative, reagierte am Sonntag. Sie beschloss am Nachmittag auf ihrem Bundeskongress, ihren umstrittenen Landesverband in Niedersachsen abzugliedern. Über die Zukunft des Bremer Verbands wurde am Abend noch diskutiert. Eigens angereist zum Bundeskongress war auch Alexander Gauland.

Die AfD befürchtet, dass bei einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz bürgerliche Wähler verschreckt würden. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Republikaner, als die Rechtsaußenpartei in den Neunzigern überwacht wurde. Der rechte AfD-Flügel warnt dagegen vor einem Maulkorb: „Wir widersetzen uns allen Denk- und Sprechverboten innerhalb der Partei“, heißt es in einem jüngst veröffentlichten Aufruf.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.