Gute Stopfleber dank Schlauch im Magen: Wegsehen und runterschlucken!

Mit der widerwärtigen Mastpraxis von Gänsen hat der französische Landwirtschaftsminister kein Problem. Mit der Verunglimpfung durch die „angelsächsischen Lobby“ schon.

Soultz-les-Bains im Elsass: hier stopft der Bauer noch persönlich. Bild: dpa

PARIS taz | Die Einrichtung ist weiß. Weiß wie auch die Kittel und Hauben der Menschen, die hier arbeiten. Alles peinlich sauber wie in einem Operationssaal. Nur die Innereien auf den Tischen geben dem Raum Farbe. In dieser Anlage im südfranzösischen Samatan wird Stopfleber verarbeitet.

Guillaume Garot, der neue französische Landwirtschaftsminister, ist zu Gast in Samatan. Es ist ein Freundschaftsbesuch: Garot ist gekommen, um den von einer „angelsächsischen Lobby“, wie er sie nennt, verunglimpften und bedrohten Enten- und Gänseleberproduzenten seine persönliche Unterstützung und die der Pariser Regierung zu versprechen.

Dass Kalifornien jüngst nicht nur die Produktion, sondern auch den Verkauf von Stopfleber (Foie gras) umfassend verboten hat, hat die Hersteller im französischen Südwesten aufgeschreckt. 20.000 Tonnen produzieren sie jährlich und decken damit drei Viertel des Weltmarkts ab.

Nun fürchten sie, dass sich weitere Regionen dem Verkaufsverbot anschließen – und erwarten die gleiche Unterstützung wie andere Wirtschaftszweige in Frankreich. Garot plant ein neues Qualitätslabel, das bezeugen soll, dass die für die kulinarische Spezialität geschlachteten und ausgenommen Enten tatsächlich aus der Herkunftsgegend Gers kommen.

Am Rande riet Garot den Geflügelhaltern aber dringend davon ab, gegen das Verbot in Kalifornien oder ähnliche Beschlüsse gerichtlich oder mit einer Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO vorzugehen. Das wäre, so warnt er, mit Sicherheit kontraproduktiv. Denn langsam aber sicher wächst der öffentliche Druck.

Zehnfach vergrößerte Lebern

Tierschützer haben mehrfach mit Fotos und Filmen dokumentiert, wie grausam die Enten und Gänse mit Maiskörnern zwangsernährt werden. Nur auf diese Weise ist die Leber so krankhaft groß und fett zu bekommen, dass sie für Genießer von Foie gras in Betracht kommt – in der Regel ist sie gegenüber gesunden Lebern um ein Zehnfaches vergrößert. Diese Schattenseite der stolzen Gastronomie wurde dem Minister freilich nicht vorgeführt.

Noch gibt es kleinere Familienbetriebe, die für Touristen und Kunden Besichtigungen organisieren, bei denen die Besitzer erklären, wie harmlos oder „natürlich“ diese Tradition des Mästens zur Lebervergrößerung sei. Aber auch solche Promotouren haben schon mehr als einen Fleischesser definitiv zum Verzicht bewegt. Denn das Prinzip ist immer dasselbe: ein Schlauch wird in den Hals gesteckt, und die Maiskörner werden von Hand so brutal in den Magen hinab gedrückt, dass sie nicht wieder ausgespuckt werden können.

In industriellen Großanlagen findet diese Mast, die die EU längst in einer Direktive ächtete, noch brutaler statt. Das belegen neue Bilder, die Aktivisten der Tierrechtsorganisation Animal Equality in französischen und spanischen Anlagen gemacht haben. Die Vögel sind dort in enge Käfige gesperrt, in denen sie sich kaum bewegen können. Viele Enten und Gänsen hätten Atemprobleme, berichten die Tierschützer.

Speiseröhre entzündet, Magen durchstoßen

Die Bilder zeigen auch blutige Schläuche – ein Beleg, dass die Speiseröhre zwangsgefütterter Tiere verletzt oder entzündend sei, so Animal Equality. Nicht selten komme es vor, dass in der Eile der Magen durchstoßen werde. Schwache und kranke Tiere aber würden ohne Behandlung dem Tod überlassen. Um die 20.000 Tonnen Jahresproduktion Foie gras zu erreichen, müssten zirka 700.000 Gänse und 37 Millionen Enten gemästet und dann ohne Betäubung mit einem Schnitt durch die Kehle geschlachtet werden.

Die Praktiken sind auch auf einem heimlich aufgenommenen Video der Organisation zu sehen, mit dem Animal Equality eine Kampagne in Frankreich und auch in Deutschland startet, das mit jährlich mehr als 120 Tonnen fünftgrößter Abnehmer der Stopfleber ist. Dabei geht es den Tierschützern auch darum, generell den Fleischverzehr zu geißeln: „Zwangsernährung ist eine besonders grausame Art von Tierquälerei. Das bedeutet jedoch nicht, dass Tierhaltung ohne Zwangsernährung nicht grausam ist. Tierprodukte bedeuten immer Ausbeutung, Leiden und Mord.“

Um dem ein Ende zu setzen fordern die Tierschützer ein „EU-weites Verbot der Produktion und des Verkaufes von Stopfleber“ – und rufen „jeden Verbraucher“ auf, seine eigene Ernährungsweise zu überdenken.

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