Hamburg bleibt fahrrad-unfreundlich: Velorouten gescheitert

Auch im jüngsten Fahrradklimatest des ADFC schneidet Hamburg schlecht ab. Besonders die neuen Radstreifen auf der Fahrbahn sind unsicher, weil zu schmal

Dank der neuen Radstreifen jetzt noch gefährlicher: Radeln in Hamburg Foto: Stefan Puchner/dpa

Eine klare Niederlage hat der jüngste Fahrradklimatest des Allgemeinen deutschen Fahrradclubs (ADFC) dem Hamburger Senat beschert: Auf Platz 31 von 39 deutschen Großstädten über 200.000 Einwohner ist Hamburg in puncto Fahrradkomfort und -sicherheit im Herbst 2016 gelandet. Und wäre nicht die Aufstockung der Leihfahrräder in die Wertung eingegangen, hätte Hamburg auf Platz 34 gelegen – beim Fahrradklimatest 2014 war es Platz 35.

Woran es hakt? Vor allem am Zustand der Radwege und am Sicherheitsgefühl; das geht aus der Beantwortung der 27 Fragen hervor, die mit Schulnoten zwischen eins (sehr gut) und sechs (ungenügend) bewertet wurden.

Eine schwache 4,7 haben die Sicherheit sowie das Fahren auf Radwegen und -schutzstreifen bekommen. Und das, obwohl diese neuen, auf den Fahrbahnen verlaufenden Velorouten Kernstück des Senats-Bündnisses für den Radverkehr von 2016 sind. Aber, sagt ADFC-Sprecher Dirk Lau, die seien zu schmal. Sie müssten drei Meter breit sein und 1,50 Meter Überholabstand für Autos ermöglichen, damit die nicht eng am Radler vorbeipreschen müssten.

„In der Fuhlsbüttler Straße etwa stehen dem Fahrradfahrer circa 1,20 Meter zur Verfügung. Selbst wenn er möglichst weit rechts in seinem Streifen fährt, kann der Autofahrer die geforderten 1,5 Meter Überholabstand nicht einhalten, da sie nicht zur Verfügung stehen“, sagt auch Sabine Darjus, Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes Hamburg.

An dem bundesweiten ADFC-Fahrradklima-Test im Herbst 2016 nahmen über 120.000 Viel- und Gelgenheitsradler in 539 Städten teil – 15 Prozent mehr als beim letzten Test 2014. Ähnliche Fahrradklima-Tests gab es 1988, 1991, 2003, 2005 und 2012.

Bundesweit fahrradfreundlichste Stadt ist Münster, gefolgt von Karlsruhe und Freiburg im Breisgau.

Auf den Plätzen vier bis sieben liegen Bremen, Hannover, Kiel und Braunschweig mit Noten zwischen 3,51 und 3,67. Lübeck liegt mit Note 4,04 auf Platz 20, Hamburg belegt mit 4,19 Platz 31 und ist damit klares Schlusslicht im Norden.

Zudem seien laut Unfallstatistik im Jahr 2016 in Hamburg 50 Radfahrer mehr verunglückt als 2015. Ob dies mit der Verlegung der Radwege zusammenhänge, sei zwar nicht erwiesen, sagt Darjus. „Fakt ist jedoch, dass zahlreiche Radfahrstreifen so schmal sind, dass ein sicheres und ungehindertes Befahren nicht möglich ist.“ Lau ergänzt, dem Senat fehle der Mut, den Autofahrern Platz wegzunehmen und sich klar zum Radverkehr zu bekennen.

Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, fordert gar „ideologische Scheuklappen“ abzulegen. „Wenn SPD und Grüne völlig intakte Radwege abreißen lassen und Radfahrer auf Hauptverkehrsstraßen neben 40-Tonnen-LKW zwingen, hört bei allen Verkehrsteilnehmern der Spaß auf.“

Hinzu kommt, dass die 2.244 Hamburger befragten Radler ihre Akzeptanz im Verkehr mit 4,4 bewerteten, Konflikte mit Kfz gar mit 4,9. Dazu zählen auch Busfahrer, die Radler oft abdrängen, wenn sich Rad- und Busspur überschneiden. Auf die Frage der taz, ob Busfahrer bezüglich der neuen Radstreifen nachgeschult oder sensibilisiert wurden, antworteten aber weder die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) noch die Hochbahn.

Auch ein Umdenken bei den für Radler nachteiligen Ampelschaltungen (5,1) ist nicht in Sicht; in puncto Falschparkerkontrollen auf Radwegen (5,3) allerdings schon. Da gebe es eine Anordnung der Polizei zur schwerpunktmäßigen Überwachung von Parkverstößen, sagt Susanne Meinecke, Sprecherin der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Ob das speziell Radwege betrifft, blieb allerdings offen.

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