Hamburger Schilleroper verfällt: Ein Spiel auf Zeit

Die historische Schilleroper verfällt weiter. Erst wenn das historische Stahlskelett nicht mehr zu retten ist, kann die heutige Eigentümerin lukrative Neubauten errichten.

Die Schilleroper mit Stahlskelett an der Außenwand.

Noch nicht winterfest: der denkmalgeschützte Teil der Schilleroper Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Die Außenhaut des Gebäudes ist längst so angegriffen, dass eine Sanierung kaum noch möglich erscheint. Seit Jahrzehnten gammelt die Schilleroper, die 1891 als Zirkusgebäude erstellt wurde, vor sich hin. Doch das denkmalgeschützte Stahlskelett, dass den Rundbau trägt, wollen die Anwohner-Initiative Schiller-Oper und das Denkmalschutzamt unbedingt erhalten. Rückenwind bekommen sie durch ein neues Gutachten, dass erst Monate nach seiner Fertigstellung veröffentlicht wurde. Es zeigt, dass das zwar kostspielig, aber doch mit vertretbarem Aufwand möglich sei.

Doch die Eigentümerin, die namentlich nicht bekannt werden will, sieht das offenbar anders – und weigert sich bislang erfolgreich, das Gebäude so abzudichten, dass das Stahlskelett nicht weiter korrodiert. Peter Keller von der Anwohner-Ini­tiative Schiller-Oper befürchtet, dass die Eigentümerin auf Verfall setzt: „Wir erwarten von der Stadt, dass sie umgehend die Winterfestmachung des Gebäudes beauftragt, um Schaden von dem historischen Stahlgerüst abzuwenden, das unter Denkmalschutz steht.“

Doch danach sieht es nicht aus. Ein „enger rechtlicher Rahmen verhindert effektive Sofortmaßnahmen“, sagt Enno Isermann, Sprecher der auch für Denkmalschutz zuständigen Kulturbehörde.

Sollte das Gebäude irgendwann nicht mehr zu retten sein, könnte die Eigentümerin auf dem Gelände einen lukrativen Neubau errichten. Sie plant zwei sechs- und zehngeschossige Wohngebäude mit Ateliers und Läden auf dem heutigen Standort. Im November blieb die Eigentümerin einem von Denkmalschutz anberaumten Termin zur Feststellung der aktuellen Gebäudeschäden und des daraus entstehenden „Sicherungsbedarfs“ fern. Auch alle Versuche der Anwohner-Ini­tiative, mit ihr ins Gespräch zu kommen, schlugen fehl.

Die Schilleroper ist ein ehemaliges, teilweise denkmalgeschütztes Zirkus-Theater in St. Pauli.

Der durch einen Brand und den Leerstand in Mitleidenschaft gezogene runde Stahlskelettbau wurde für den Circus Busch erbaut und 1891 eröffnet. Er fasste über tausend Besucher.

Seit Kriegsende steht das Gebäude, von kurzen Zwischennutzungen abgesehen, leer.

Nun soll in den kommenden Tagen ein neuer Termin stattfinden. Erst wenn das Denkmalschutzamt der Eigentümerin ausreichend Möglichkeiten gegeben hat, selbst für die Winterfestmachung zu sorgen, kann es einschreiten, die erforderlichen Maßnahmen festlegen und ihre „unverzügliche Umsetzung“ verlangen.

„Wir bereiten eine solche Sicherheitsverfügung derzeit vor“, erklärt Isermann. Erst wenn sich die Eigentümerin auch dann noch standhaft weigert, die angeordneten Maßnahmen durchzuführen, kann das Amt selbst die erforderlichen Sanierungsarbeiten in Auftrag geben und der Eigentümerin in Rechnung stellen. Doch bis es soweit ist, dürfte der Winter längst vorbei sein.

Bislang hat die Eigentümerin noch keine Abriss- und Bauanträge gestellt. Doch bereits vor anderthalb Jahren legte sie dem Bezirksamt Mitte ein Konzept eines Rundbaus mit Ateliers – ohne das Stahlskelett auf dem Standort der Schilleroper – vor. Flankiert von zwei riesigen Wohnklötzen, die Bezirksamtschef Falko Droßmann (SPD) auf einer Stadtteilversammlung im Juli vergangenen Jahres für „so nicht genehmigungsfähig“ hielt.

Seitdem, so ließ Droßmann der taz ausrichten, „gibt es nichts Neues“. Das könnte so bleiben, bis das Stahlskelett dermaßen zerfressen ist, dass sein Erhalt „wirtschaftlich nicht zumutbar“ ist.

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