Handball-WM in Katar: Demütige Deutsche

In Katar beginnt die Handball-WM. Das Team von Bundestrainer Dagur Sigurdsson hat allenfalls Außenseiterchancen.

Hier wird auch gespielt: Skulptur vor der Multifunktionshalle in Doha. Bild: dpa

Auf die Reise nach Doha hat sich Bernhard Bauer selbstverständlich äußerst gewissenhaft vorbereitet, er ist schließlich der Verbandschef. „Die äußeren Bedingungen sind optimal. Es hat in Katar derzeit nur Temperaturen bis zu 25 Grad“, stellt der Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB) fest. Dass das für eine Sportart, die drinnen stattfindet, nur am Rande von Belang ist, weiß der 64-Jährige.

Nicht zuletzt deshalb fügt er eilig hinzu: „Die Hallen sind hervorragend und auch die Organisation wird bestimmt absolut professionell sein.“ Bei allen weiteren Vorbehalten gegen den Gastgeber der am Donnerstag beginnenden Handball-Weltmeisterschaft verlässt sich Bauer aufs Hörensagen. „Nach allem, was ich gehört habe, ist es nicht mit dem Fußball zu vergleichen“, sagt der DHB-Präsident.

Was soll der Mann aus dem schwäbischen Neckarsulm auch anderes tun? Als das Turnier vor drei Jahren in den Wüstenstaat am Persischen Golf vergeben wurde, war er schließlich noch nicht im Amt. Nun muss er sich fortwährend mit anderen Problemen rumschlagen, es ist derzeit schließlich nicht sonderlich gut bestellt um den deutschen Handball.

Erst verpassten die DHB-Männer die Qualifikation für die Olympischen Spiele in London, dann – durch zwei Playoff-Niederlagen gegen Polen – auch noch jene für die WM in Katar. Kaum hatte Bauer den Bundestrainer ausgetauscht – der ebenso fleißige wie glücklose Badener Martin Heuberger musste den Job für Dagur Sigurdsson, den isländischen Trainer der Füchse Berlin, räumen –, gab es schon wieder Terz: Zunächst mussten sich die DHB-Oberen dafür rechtfertigen, dass der Internationale Handball-Verband (IHF) die deutsche Mannschaft mit einer Wildcard für die Weltmeisterschaft ausstattete und im Gegenzug die sportlich qualifizierten Australier von der Teilnehmerliste strich.

Sky überträgt

Schon bald darauf zeichnete sich ab, dass die Weltmeisterschaft nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von ARD und ZDF zu sehen sein würde. Darüber ist Bauer zwar „immer noch enttäuscht“. Andererseits ist er aber auch „dankbar“, dass der Bezahlsender Sky sich in letzter Minute die Rechte und damit die Liveübertragung der Spiele gesichert hat – los geht’s für die Auswahl des Handball-Bundes am Freitag mit dem Spiel gegen Polen (17 Uhr). „Am Ende müssen wir froh sein, dass die Bildschirme nicht schwarz bleiben“, sagt Bauer.

Was die deutschen Handballer in Katar bringen, ist derweil ziemlich unvorhersehbar. „Wo wir stehen, wissen wir immer noch nicht genau“, sagt Mannschaftskapitän Uwe Gensheimer trotz der Siege in den letzten beiden Testspielen gegen Tschechien. Dem Bundestrainer scheint es kaum anders zu ergehen.

Zwar hätten, so tat Sigurdsson kund, die beiden Erfolge in Stuttgart und Mannheim „für eine breitere Brust und ein bisschen Selbstvertrauen“ gesorgt. Gleichsam gab er zu bedenken: „Das waren Testspiele, keine WM-Spiele. Bei der WM kommen andere Kanonen.“ In der Vorrunde sind das Polen, Russland, Dänemark, Argentinien und Saudi-Arabien.

Krisengebiet am Golf

Vor der WM, also in den Testspielen gegen die Tschechen und auch jenen gegen Island, konnten vor allem Torhüter und Abwehr der Deutschen überzeugen. Die Außen, besetzt mit den Rhein-Neckar-Löwen Gensheimer und Patrick Groetzki, gelten ohnehin auch international als erstklassig. Vom Rückraum kann man das so nicht behaupten. Er könnte vielmehr auch am Golf zum Krisengebiet im deutschen Team werden.

Die Gründe hierfür sind altbekannt: Ein Großteil der deutschen Rückraumakteure wie Spielmacher Martin Strobel (Balingen), Michael Kraus (Göppingen), Michael Müller (Melsungen), Paul Drux (Berlin) oder Fabian Böhm (Balingen) zählen weder zu den – international gesehen – wurfgewaltigsten Spielern, noch sind sie bei den in der Champions League erprobten Top-Klubs der Bundesliga beschäftigt. Was an individueller Klasse zu den Großen der Zunft fehlt, muss demnach über spielerische Elemente kompensiert werden.

„Wir haben versucht, ein System zu finden, das zu unseren Leuten passt. Und es passt ganz gut“, sagt denn auch Sigurdsson. Vom Verbandspräsidenten gibt es dafür schon vorab Lob. „Was er macht, hat Hand und Fuß. Er hat einen klaren Plan“, sagt Bauer über den Bundestrainer. Er sagt auch: „Die Mannschaft hat einen neuen Geist bekommen, entstanden aus dem Kopf von Herrn Sigurdsson.“

Allzu hoch will der DHB-Präsident die Erwartungen nicht schrauben. Die vom Trainer eingeforderte Demut setzt der Präsident vorbildlich um. „Wir wollen sichtbar machen, dass wir zu Recht bei der Weltmeisterschaft sind und die Kluft zur Weltspitze nicht so groß ist“, sagt Bauer und nennt das Erreichen des Achtelfinals als Pflicht. Dorthin schaffen es die ersten Vier einer jeder Sechser-Vorrundengruppe. Zumindest das sollte selbst für die deutschen Handballer machbar sein.

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