Hanfparade in Berlin: Protest gegen Auflagen

Die Versammlungsbehörde verbietet Infostände, bei denen es nicht „in erster Linie“ um Legalisierung von Cannabis geht. Die Parade wehrt sich.

Plakate für die Hanfparade

Kiffer sind immer für einen Spruch gut! Foto: dpa

Die Organisatoren der Hanfparade fühlen sich von der Versammlungsbehörde aus politischen Gründen drangsaliert. Hintergrund ist ein Streit um die Infostände während der Parade. Die Versammlungsbehörde hat ein Verbot für „nicht themenbezogene“ Informationsstände erlassen; nur Stände, die sich mit der Legalisierung von Hanf – der offiziellen Forderung der Hanfparade – beschäftigen, sollen laut dem Auflagenbescheid erlaubt sein.

Steffen Geyer, der Versammlungsleiter der Hanfparade, befürchtet nun, dass Polizisten „völlig willkürlich“ Stände am Samstag „dichtmachen“. Denn was unter die Vorgabe fällt, sei völlig unklar. Die seit 1997 jährlich stattfindende Berliner Hanfparade tritt für die Legalisierung von Cannabis ein, im vergangenen Jahr beteiligten sich laut Veranstalter 6.500 Menschen.

Vor zwei Jahren hat das Verwaltungsgericht einen Stand der Initiative Berliner Wassertisch auf der Hanfparade verboten. Begründung: Diesem ginge es „nicht in erster Linie darum, die Meinungsbildung in Bezug auf die Legalisierung von Hanf zu gewährleisten“, heißt es in dem Beschluss des Gerichts. Der Wassertisch forderte die Rekommunalisierung der damals halbprivatisierten Wasserbetriebe.

Auf Grundlage dieses Beschlusses will die Versammlungsbehörde, die beim Landeskriminalamt angesiedelt ist, bei der Parade am morgigen Samstag einen Teil der Stände verhindern, glaubt Steffen Geyer – und rätselt, ob etwa ein Seiler, der vor Ort Hanfseile herstellt, unter das Verbot fallen wird. Oder jene Ärzte, die sich um Ausnahmegenehmigungen für Patienten kümmern, die Hanf als Medizin nutzen wollen. Denn eine Liste, welche Stände verboten sind, gibt es nicht. Geyer spricht von „einer Art Gesinnungsprüfung“.

Er vermutet dahinter politische Motive – vorgegeben von Innensenator Frank Henkel (CDU), dem die Polizei und damit auch die Versammlungsbehörde untersteht. Seit 19 Jahren gebe es die Hanfparade, berichtet Geyer, und „immer vor Wahlen wird es schwierig“. Die Parade, wie auch linke Demonstrationen etwa am 1. Mai, seien „politisch eben nicht opportun“.

Ein solches Vorgehen der Behörde kenne er nur von der Hanfparade, berichtet Rechtsanwalt Volker Gerloff. Er geht juristisch gegen das Verbot vor; am heutigen Freitag will das Verwaltungsgericht die Angelegenheit mit beiden Seiten erörtern – und, falls es nicht zu einer Einigung kommt, entscheiden.

Gerloff vermutet, dass es bei dem Streit um juristische Details geht: So sei zwar eindeutig geklärt, dass es sich bei der Hanfparade um eine vom Grundgesetz geschützte Versammlung handelt; ob dies allerdings auch für die Abschlussveranstaltung am Brandenburger Tor gelte, sei nicht ganz so klar.

Eine gesonderte Erlaubnis dafür, die Gebühren kosten würde, wollen die Anmelder der Hanfparade indes nicht zahlen. Zurecht, wie Rechtsanwalt Volker Gerloff findet. Und auch Geyer betont, dass die Unterstellung der Behörde, sie wollten kommerzielle Anbieter mit ihren Ständen unterstützen, „absurd“ sei.

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) geht in seiner Kritik des Verbots noch weiter und sieht die Versammlungsfreiheit eingeschränkt: Denn die Versammlungsbehörde wolle so über die Inhalte von Versammlungen bestimmen. „Wenn die hier versuchte Inhaltsprüfung Bestand hätte, müsste sich jede Versammlung ihren Hauptslogan genau überlegen“, erklärte der RAV in einer Mitteilung am Donnerstag. Eine Anti-Kriegs-Demo dürfte zum Beispiel nicht mehr gleichzeitig Kapitalismuskritik üben.

Die Polizei teilte auf Anfrage mit, dass sie sich nicht zu Einzelheiten in diesem Fall äußern werde, da der Bescheid „momentan vom Verwaltungsgericht überprüft wird“.

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