Hassverbrechen gegen Muslime: Mehr Angriffe auf Moscheen

2016 gab es bislang bereits 52 antiislamische Delikte. Damit steigt die Zahl der Straftaten weiter an. Ab Januar sollen sie gesondert erfasst werden.

Zwei Polizisten stehen mit dem Rücken zum Betrachter vor der Mauer einer Moschee

Im September wurde ein Sprengstoffanschlag auf die Dresdner Ditib-Moschee verübt Foto: dpa

BERLIN taz | Die Gewalt gegen Muslime nimmt zu. Seit 1. Juni zählten die Polizeibehörden bundesweit 28 Angriffe auf Moscheen – mehr als in der ersten Jahreshälfte. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Monika Lazar (Grüne) hervor, die der taz vorliegt.

Elf der Angriffe sind demnach Sachbeschädigungen, gefolgt von „anderen Straftaten“ (10) und Volksverhetzung (4). Es wurde auch ein Sprengstoffanschlag verübt – auf die Dresdner Ditib-Moschee kurz vor den Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit. Sechs der 28 Straftaten wurden in Sachsen verübt.

Damit steigt die Zahl der antimuslimischen Straftaten weiter an. 2010 gab es 24 Angriffe gegen Moscheen. 2015 waren es 75. Dieses Jahr bislang schon 52. „Dies ist ein erschreckender Beleg für die wachsende Islamfeindlichkeit in Deutschland“, sagt Grünen-Abgeordnete Monika Lazar.

Ditib zählt mehr Anschläge

Die tatsächliche Zahl der Angriffe dürfte wesentlich höher liegen. Einerseits, weil die Gemeinden nicht jeden Angriff bei der Polizei melden, wie der Islamverband Ditib berichtet. Er zählte 2015 99 Angriffe auf Moscheen – 24 mehr als die Polizei.

Der Verband geht aber auch deshalb von einer hohen Dunkelziffer aus, weil die Polizei – im Gegensatz zu antisemitischen Delikten – Angriffe auf Muslime oder deren Einrichtungen bislang nicht gesondert erfasst. Aus diesem Grund, räumt die Polizei regelmäßig ein, könne sie nicht mit Sicherheit sämtliche anti-muslimischen Straftaten in ihren Datenbanken herausfiltern.

Dieses Versäumnis will Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nun nachholen. Am Donnerstag sagte er der Berliner Zeitung, dass wir Anfeindungen gegen oder Übergriffe auf Muslime bei der Ausübung ihres Glaubens nicht dulden dürften. „Deshalb werden wir ab Januar erstmals die Anzahl der Angriffe nicht nur auf jüdische, sondern auch auf muslimische Opfer und Einrichtungen getrennt aufführen – und zwar in der Statistik über Politisch Motivierte Kriminalität“, sagte de Maizière.

Dem Beschluss hatten die Innenminister bereits im Juni zugestimmt. Demnach wird das Oberthema „Hasskriminalität“ um die Kategorie „islamfeindlich“ erweitert. Die Opposition fordert diese Erweiterung der Polizeistatistik schon lange.

Opposition: Warum so spät?

Die Ankündigung des Innenministers wurde dementsprechend begrüßt. Volker Beck (Grüne) kritisiert hingegen den späten Zeitpunkt: „Dass nach Jahrzehnten von geschürtem Hass auf Muslime jetzt erst auch der Bundesinnenminister diese Bedrohung erkennt, ist schon halbwegs absurd“, sagt Beck der taz.

Neben der unzuverlässigen Erhebung wird vor allem die mangelnde Aufklärung islamfeindlicher Straftaten kritisiert. Oft bleiben die Verursacher solcher Taten auf freiem Fuß. Bei den 75 Straftaten gegen Moscheen, die die Polizei 2015 zählte, ermittelte sie gerade mal in 16 Fällen Verdächtige.

Bei den aktuellen 28 Angriffen sind es gerade mal drei – von denen nicht einer verhaftet wurde. Grünen-Abgeordnete Monika Lazar urteilt: „Die Aufklärungsquote unterbietet in erschütternder Weise noch jene aus dem ersten Halbjahr und weist erneut auf gravierende Mängel in der Arbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden hin.“

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