Hausbesetzung in Kreuzberg: Goldfolien-Gardinen wehen im Wind

In der Großbeerenstraße wurde am Samstag ein Haus besetzt. Am Dienstnachmittag soll über die Zukunft des Gebäudes informiert werden.

Eine Wandplakat mit der Aufschrift: Großbeerenstraße 17a. Vergesellschaften! Die Kir(s)chen enteignen

Die Kirschen enteignen. Oder so ähnlich – Parole an der Fassade der Großbeerenstraße 17a Foto: Magnus Rust

BERLIN taz | „Was ist das für eine Kirche?!“, stellt der Pizzabäcker rhetorisch in den Raum und meint damit den Vermieter. Es geht um die Hausbesetzung der Großbeerenstraße 17a, gegenüber der kleinen Pizzeria in Kreuzberg. Dort ist die Fassade mit Spruchpapieren überklebt. Aus dem ersten Stock hängen Bettlaken-Banderolen, aus zwei offenen Fenstern wehen Goldfolien-Gardinen.

Am Samstag hat die „Hausprojektgruppe G17A“ das vierstöckige Haus Ecke Obentrautstraße besetzt. Es gehört der Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH, die von verschiedenen Bistümern mitgegründet wurde und nach eigener Auskunft einer „sozial-christlichen Ausrichtung“ folgt. Wie ein kirchlicher Träger so viel Wohnung unbenutzt lassen könnte, kann der Pizzabäcker nicht verstehen.

Seit acht Jahren geht die Vermietung zurück, vor vier Jahren wurde das Haus an den aktuellen Eigentümer verkauft. Nur zwei Wohnungen seien noch vermietet, der restliche Wohnraum, als auch zwei Gewerbeflächen, stehen leer, erzählt einer der Besetzer.

Wir sitzen auf dem Bürgersteig vor der 17a, der zu einem offenen Warteraum umfunktioniert wurde. Eine Handvoll Holzstühle stehen vor dem Haus, auf dunkelbraunen Sideboards liegt eine Armada von Flyern aus. Hier sammeln sich mit der Zeit Unterstützer*innen, die gerne ins Gebäude würden – aber selbst dem Pin-Mann in Grün wird nicht geöffnet.

Solidarität im Kiez

Ziel der Besetzer*innen sei aktuell, nicht geräumt zu werden und im nächsten Schritt für einen symbolischen Preis das Gebäude zu erhalten. Ein soziales Wohnprojekt soll entstehen. Konkretes könne sich aber erst im Gespräch mit den derzeitigen Besitzer*innen entwickeln.

Auf einem der Plakaten steht: „Vergesellschaften! Die Kirchen enteignen!“ Einer der Besetzer, der sich jedoch nicht in „einer Sprecher_Innen-Position“ fürs Hausprojekt sieht, kommentiert dazu: „Ziel wäre es, die Kirche genauso zu enteignen wie Privatunternehmen.“ Wer ins Haus gelassen wird, müsse im Konsens entschieden werden. Das sei derzeit leider nicht möglich. Aber die Solidarität des Kiezes hätten die Besetzenden.

Hannes Fürst, seit 20 Jahren Kioskbesitzer in der Großbeerenstraße, bestätigt diese Solidarität. „Gott sei Dank passiert mal wieder was“, sagt er. Was genau passiert, wird vielleicht am Dienstag um 18 Uhr geklärt. Dann veranstalten die Besetzenden eine Infoveranstaltung. Vielleicht lässt sich dann auch ein Blick ins Innere werfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.